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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Reframing the Moon

Clara Haberkamp Trio

Malletmuse/NRW Vertrieb MM009
(50 Min., 4/2021)

Der Mond als Inbegriff der romantischen Schwermut – daran muss man bei den ersten Tönen des Klaviers unweigerlich denken. Doch Clara Haberkamp klingt im Opener „Firmament“ ihrer vierten Trio-Einspielung nicht lange wie eine zarte Schlafwandlerin in den Fußstapfen eines Chopin. Mit zunehmender atonaler Intensität trägt sie alleine am Piano Schicht auf Schicht auf, bis der Erdtrabant in dichten Klangwolken eingehüllt ist, die der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts entstammen mögen oder einem Seitenarm aus dem Universum eines Cecil Taylor.
Auf „Reframing the Moon“ verpasst Haberkamp gemeinsam mit ihrem langjährigen Schlagzeugpartner Tilo Weber und dem Trio-Neuzugang Oliver Potratz am Bass nicht nur dem trauten Mond neue Rahmenbedingungen, sondern auch ihrer eigenen, seit knapp zehn Jahren behutsam entwickelten Ästhetik. Eine Sache springt gleich ins Auge: Diesmal singt Haberkamp nicht wie bisher immer auf ihren Einspielungen. Und dennoch ist das Gesangliche in ihren Kompositionen immer noch präsent, ja vielleicht sogar noch stärker. Stücke wie „Mein Herz ist unterwegs“ oder „Pink Overture“ wirken in ihren Melodien extrem kantabel, bewahren sich aber durch den Verzicht auf Worte ein Geheimnis. Ein Lied schlummert in diesen Dingen.
Texturen statt Text: So verfahren die Pianistin und ihre Gefährten mehrfach auf „Reframing the Moon“. Eine absteigende Basslinie, ein mäanderndes Klaviermotiv, eine perkussive Drumfigur – aus diesen Materialien konstruieren Haberkamp, Potratz und Weber kinetische Gebilde. Die können sich mal balladesk schleichend oder verstolpert para-hiphoppig bewegen. Sie bleiben stets in einer fragilen Balance. Was eine Spezialität der Pianistin zu sein scheint, die es vermag, sich so weit aus den Strukturen herauszulehnen, dass sie gleichsam schwebt. Und nicht herunterfällt. Das Stück „Choral“ sei dafür als Beleg angeführt.
Und noch etwas Neues wagt Haberkamp: Auf zwei Nummern ist sie am Fender Rhodes zu hören. Ähnlich wie bei dem ins Innere verlegten Gesang scheint dieser Kniff zu einer Befreiung und Intensivierung ihres Spiels zu führen. Es macht jedenfalls große Freude zu hören, wie sich Haberkamps Fingernachdenklichkeit auf dem elektroakustischen Instrument in einen Ausdruck großer Leichtigkeit verwandelt. Bei diesem Mondspaziergang geht und hüpft man gerne mit.

Josef Engels, 18.09.2021


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