N° 1353
13. - 24.04.2024
nächste Aktualisierung
am 20.04.2024
Das war knapp. Nur drei Wochen vor seinem 20. Geburtstag veröffentlichte der Sänger und Pianist Ilja Ruf sein Debütalbum „Ilja_19“. Es zeigt: Der damals Neunzehnjährige zählt zu den hoffnungsvollen Nachwuchstalenten der deutschen Jazzsänger- und Singer-Songwriter-Szene. Wohin er sich schließlich wenden wird, lassen die sieben Songs und neun Stücke für Solopiano offen. Wer weiß, vielleicht landet er auch auf den Bühnen des literarischen Kabaretts, in einer Rock- oder Popband. Denkbar wäre aber auch eine Karriere als spartenübergreifender Texter und Komponist.
Mit leise wehenden Pianoklängen spielt er sich mit dem programmmusikalischen „August Rain“ in den Titelreigen. Auch in „Moving Clouds“ kleidet er – nun mit Vokalgesang und Flügel sowie Anklägen an Revuesongs – ein Naturerlebnis in Töne. Worüber aber singt der Neunzehnjährige, wenn er Worte verwendet? In „Crazy“ über die Liebe, das Heranwachsen, Vertrauen und Zurückweisungen, vage Vorstellungen von der Zukunft und Orte, an denen er glückliche Stunden verbrachte. Mit der Popballade „Living My Life“ erinnert er sich an das schönste Mädchen der Klasse, und in „Please Take Me“ träumt er von „nur einer Nacht“, obwohl die Angebetete all seine Blumen, Liebeslieder und Annäherungsversuche ignoriert. Er thematisiert im drängenden „Take Your Time“ die Sehnsucht nach einem Date, und besingt in „From Now Till Then“ mit etwas Pathos die Zukunft mit der Liebsten.
Seine atemreiche, hauchige Stimme wirkt intim, wobei etwas mehr Raffinesse in der Artikulation und Textgestaltung die emotionale Wirkung vergrößern könnte. Seine Solostücke deuten sein breites Spektrum an. Er bringt eine verinnerlichte, ruhige Atmosphäre und loderndes Feuer zusammen, er umspielt vergnügt die Klaviergeschichte vom Ragtime bis zum Bebop. Er greift energisch, aber auch verführerisch in die Tasten, er versetzt in einen Tanzsaal, er schmachtet mit „Can You Feel It“ und vor allem: Er schafft mit jedem Stück und jeder Melodie eine eigene Atmosphäre. Warten wir ab, wohin er sich entwickeln wird. „Ilja_19“ zeigt viele offene Türen.
Werner Stiefele, 07.08.2021
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