Ein dunkle, leicht rauchige Stimme, die sich aber auch leuchtend aufhellen kann. Ein wenig spröder, dafür abgründiger als die von Anna Netrebko. Eigentlich singt die in St. Petersburg geborene russische Mezzosopranistin Margarita Gritskova vor allem Musiktheater, bis zum Ende der Spielzeit gehörte sie zum Ensemble der Wiener Staatsoper. Doch auf ihrer zweiten Lied-CD für Naxos beweist sie erneut, dass sie auch die kleine Form kann, dass sie eine sensible Interpretin mit vielen Farbschattierungen ist, dass sie zu erzählen, zu fesseln, zu kommunizieren weiß. Dafür hat sie sich Ausschnitte aus dem immer noch zu entdeckenden Lied-Repertoire Sergei Prokofjews ausgesucht, das der zeitlebens intensiv pflegte. Es ist eine Musik im Schatten, mal lustig, wie in der Geschichte vom „hässlichen Entlein“, mal traurig, oft sich im Dämmer des Erzählens verlierend, drucklos, schweifend, somnambul. Diese Attitüde kann die Gritskova, traumsicher unterstützt von ihrer pianistischen Partnerin Maria Prinz, sehr gut. Sie gibt dieser Musik Nachdruck und Prägnanz. Sie identifiziert sich bis in die fernsten Seelennuancen. So leben etwa die fabelhaften „Fünf Gedichte von Anna Akhmatova“ sofort auf, bannen, ziehen den Hörer mit sich. Margarita Gritskova ist intensiv, bohrend, aber immer nur mit feinstem Vokalbesteck. Keine großen Gesten, Ausbrüche, lieber ein Strahlen nach innen, eine glühende Verhaltenheit, der man sich nicht entziehen kann. Prokofjew ist kein genuiner Melodiker wie Tschaikowski, aber er kann in wenigen Noten Atmosphäre gestalten, er ist rhythmisch interessant, harmonisch spannend, bricht seine Musik immer wieder ironisch, mitunter sarkastisch. Bitter und wahrhaftig ist das. Man kommt auf den Geschmack, gerade weil Margarita Gritskova diese Lieder so könnerisch zubereitet.

Matthias Siehler, 18.07.2020

---

Diese CD können Sie kaufen bei:

---

---

---

Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.

---