Der Schotte James MacMillan schreibt seit über dreißig Jahren am liebsten geistliche Musik. Doch in dem beachtlichen Schaffen des inzwischen auch schon 61-Jährigen finden sich immer wieder Ausflüge ins weltliche Fach. Zwei solcher Werke hat nun der Dirigent Martyn Brabbins mit dem BBC Philharmonic aufgenommen – mit dem 2013 komponierten dreisätzigen Violakonzert sowie der ein Jahr später entstandenen einsätzigen 4. Sinfonie. Und hier wie da wird man Ohrenzeuge einer traditionsbewussten, dennoch spannungsvollen wie unmittelbar ansprechenden Moderne. Mit seiner Vierten ist MacMillan dabei sogar das Kunststück gelungen, dieses mit einer Spieldauer von 40 Minuten durchaus beachtliche Opus derart geschickt auch mit musikalischen Anleihen und Assoziationen zu infizieren, dass keine Langeweile aufkommt. Die Register, die MacMillan für dieses großinstrumentierte Werk gezogen hat, reichen da von Messiaenschen „Vogelchören“ über Minimal Music und melossatte Kurven bis hin zu energiegeladener Motorik und einem flehenden Sehnsuchtston, der an die baltisch-georgische Gegenwartsmusik angelehnt ist. Mit Engagement und dem nötigen Sensorium auch für das Multikoloristische dieser Partitur macht das BBC Philharmonic diese Sinfonie nun zu einem hochgradig sinnlichen Erlebnis. Genau das trifft aber auch auf das extrem anspruchsvolle Violakonzert zu, das vom Uraufführungssolisten Lawrence Power mit packender Verve und glühendem Ton hingelegt wird. Und wenngleich MacMillan hier immer wieder auch mal das Echo von Vorbildern wie Strawinsky befragt, strotzt dieses Konzert nur so vor eigener Ausdruckslust bis zur unbändigen Rasanz. In deutschen Konzertsälen war James MacMillan bisher kaum zu finden. Das dürfte sich nun mit seinem Bratschenkonzert spätestens ändern.

Guido Fischer, 11.07.2020

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