Supraphon/Note 1 SU4260
(56 Min., 8/2019)
Erfreulich: eine erstaunlich stilsicher und idiomatisch überraschend gut gemeisterte CD mit französischen Opernarien – aus Tschechien! Noch dazu mit der üppig klingenden Tschechischen Philharmonie unter dem versatilen Christopher Franklin. Das schon mal ist eine Seltenheit. Und die schmale, aber angenehme Stimme des 28-jährigen Petr Nekoranec nimmt auch sofort mit ihrem hellen, sonnigen Klang, mit einer fein lasierten Farbpalette ein. Er studierte in Pardubice, war Mitglied im Lindemann Young Artist Program an der Metropolitan Opera in New York. Und ab 2014 verbrachte er drei Jahre im Studio der Bayerischen Staatsoper, sang dort auch Benjamin Brittens „Albert Herring“. 2017 gewann er den ersten Preis beim Francesco-Viñas-Wettbewerb in Barcelona. Seit Sommer 2018 ist Petr Nekoranec Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart und besetzt hier vor allem die lyrisch-verzierten italienischen Partien. Dieses Album ist aber jetzt mehr als eine Talentprobe und greift schon ziemlich hoch nach den Ariensternen. Schwerstes von Massenet und Gounod ist dabei, ideal passt augenblicklich der Bizet-Nadir, der Iopas mit seiner Ceres-Arie aus Berliozʼ „Les Troyens“, der Paris aus Offenbachs „La belle Hélène“. Aber auch in Werther, Faust und Roméo wird er sich noch souveräner hineinarbeiten, da hat er Zeit. Wenn er sich die leichte Höhe erhält und nicht zu sehr drückt. Denn gerade Donizettis hier französisch gesungene erste Tonio-Arie aus der „Regimentstochter“ (die selbst Juan Diego Flórez für anspruchsvoller hält als die mit neun hohen Cs gespickte „Ah! Mes Amis“) reißt Nekoranec zu sehr auf, die Höhen klingen gefährlich offen. Ansonsten könnte da gerade dem sieben Jahre älteren Benjamin Bernheim durchaus ein Konkurrent erwachsen …
Matthias Siehler, 20.06.2020
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