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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Matthäus-Passion (Wort//Werk//Wirkung)

Reiner Marquard, Hannah Morrison, Sophie Harmsen, Tilman Lichdi, Peter Harvey, Christian Immler, Kammerchor Stuttgart, Barockorchester Stuttgart, Frieder Bernius

Deutsche Bibelgesellschaft/Carus/Note 1
(3/2015) Buch + MP3-CD Bücher

Wort, Werk, Wirkung – mit diesem alliterierenden Dreiklang lässt sich trefflich der Weg umschreiben, den man einschlagen muss, um klassische geistliche Musik heutzutage sinnvoll zu vermitteln. Denn gerade im Fall geistlicher Musik gibt es nicht nur die rein musikalische Kluft zu überwinden zwischen der vergleichsweise hermetischen Tonsprache eines Johann Sebastian Bach und dem heutigen postmodernen Nebeneinander zahlloser unterschiedlicher Stilrichtungen, die um die Aufmerksamkeit des Publikums buhlen. Hinzu kommt noch die Problematik der generellen Entfremdung weiter Teile der Bevölkerung von christlichen Inhalten überhaupt und von deren barocker Ausprägung allzumal. Mit anderen Worten: Was ein Hörer im Leipzig der späten 1720er-Jahre ohne zu fremdeln relativ direkt rezipieren konnte, muss heute recht umständlich erklärt werden, wenn ein möglichst umfassendes Verstehen möglich sein soll. Im Falle der „Matthäus-Passion“ genügt dafür nicht unbedingt eine Aufnahme allein, selbst wenn sie – wie im Falle der Bernius-Einspielung von 2015 zweifellos der Fall – auf der Höhe heutiger aufführungspraktischer Möglichkeiten rangiert und mit einem absolut hervorragenden Ensemble punkten kann. Um ein Werk wie Bachs „große Passion“ über seine bloße klangliche Außenseite hinaus tiefer erfassen zu können, bedarf der nicht speziell vorgebildete Hörer vor allem theologischer Unterweisung: Lutherische Orthodoxie und ihre emblematische Bilderwelt, der sehr spezielle Aufbau des Librettos dieser Passion – all das erschließt sich nicht von selbst. Reiner Marquards entsprechender Aufsatz innerhalb dieser in Buchform daherkommenden Veröffentlichung leistet hierzu Fundamentales in perfekter Ausgewogenheit. Marquard richtet sich an Leser, die der grundlegenden Einführung bedürfen, und führt sie von den Rahmenbedingungen ausgehend gerade so weit in Details ein, dass sie den Gegenstand der Betrachtung am Ende deutlich konturierter sehen als zuvor. Erkenntnisse der „Theologischen Bachforschung“ fließen in allgemeinverträglichem Maße ein, ein Literaturverzeichnis regt zum Weiter-Recherchieren auch in diese Richtung an. Meinrad Walters vom musikalischen kommender, auch das zeitgenössische Leipziger „Setting“ beleuchtender Beitrag liefert dazu eine wertvolle Ergänzung, ebenso wie die umfassende Sammlung von Aussagen berühmter Persönlichkeiten über die Matthäus-Passion, mit denen das Buch endet. Insgesamt also ein überaus gelungener Beitrag in Sachen Musikvermittlung. Die Musik als solche, das sei noch angemerkt, wird übrigens platzsparend im MP3-Format auf CD geliefert.

Michael Wersin, 04.04.2020


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