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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Viktor Ullmann

Klavierkonzert op. 25, Klaviersonaten 3 & 7

Annika Treutler, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Stephan Frucht

Berlin Classics/Edel 0301463BC
(120 Min., 8 & 11/2019) CD + Blu-ray Audio CDs

Bewegende Musik: Zwar hat Viktor Ullmann, der 1944 im KZ Auschwitz ermordet wurde, noch im Theresienstädter Exil bekundet, man habe dort nicht etwa „bloß klagend an Babylons Flüssen gesessen“, sondern den „Kulturwillen“ analog zum Lebenswillen verspürt und sich in der musikalischen Arbeit keineswegs gehemmt gefühlt. Trotzdem können wir das, was von seinem Schaffen überliefert ist, heute nicht ohne den Gedanken an sein schreckliches Schicksal im Nazi-Terror hören. Selbstverständlich steht dieses Schicksal stellvertretend für die Schicksale vieler anderer ermordeter Musiker, von denen viele auch in Verbindung zu Ullmann gestanden hatten – so etwa die ungarische Pianistin Juliette Arányi, Widmungsträgerin des Klavierkonzerts und der Klaviersonate Nr. 3. Beide Werke konnte sie nicht uraufführen, denn auch sie verschwand in den Gaskammern von Auschwitz.
Und doch lohnt es sich, immer wieder einen ungetrübten Blick auf die Musik als solche zu werfen: Ullmann, ehemals Schüler Arnold Schönbergs, hat nämlich einen ganz eigenen Weg gefunden, in jener Zeit zu komponieren. Seine Musik ist nicht „atonal“, sondern bewegt sich frei innerhalb eines stark angereicherten harmonischen Spektrums, das im Grunde dreiklangsbasiert ist. Anregung und Anlass für die Erweiterung der Dur-Moll-Tonalität bezog Ullmann unter anderem aus der Obertonreihe. Seine Klaviermusik ist hochexpressiv, sie meldet sich in Anlehnung an vertraute Formen und Spieltechniken mit einer fortschrittlichen, ihrer Entstehungszeit absolut angemessenen Tonsprache zu Wort. Annika Treutlers ausgiebige Erfahrung mit dieser höchst umtriebigen, vielgesichtigen Musik macht diese CD zu einer bereichernden, anregenden und erfüllenden Hörerfahrung. Es ist der Pianistin als Verdienst hoch anzurechnen, dass sie ihrer Hörerschaft Ullmanns Musik in dieser Fülle und Qualität bietet – ein außergewöhnliches Engagement, das hoffentlich ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit erregt.
Die Box enthält dasselbe Programm komplett übrigens auf zwei Tonträgern: in gewohnter herkömmlicher Qualität auf CD und, per Blu-ray Disc, in „pure audio“-Qualität. Letzteres Format konnte der Rezensent allerdings mangels passendem Abspielgerät nicht erproben.

Michael Wersin, 28.03.2020


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