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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Gabriel Fauré

Fauré et ses poètes

Marc Mauillon, Anne le Bozec

harmonia mundi HMM 902636
(74 Min., 12/2018)

Ein Querschnitt durch das Lied-Repertoire von Gabriel Fauré, das sowohl die früheste als auch die letzte Schaffensphase repräsentiert, ist zunächst einmal ein Gewinn, gerade auch für die deutsche Hörerschaft, die noch immer nicht so sehr mit den Reizen und dem Tiefgang der französischen „mélodies“ vertraut ist. Allerdings ist Marc Mauillons Zugang zu diesem Repertoire durchaus ein überraschender – besonders für diejenigen, die ältere Interpretationen dieser Gesänge kennen. Ich persönlich etwa habe bei „Les Berceaux“ die dunkle, gerundete Baritonstimme von Gérard Souzay im Ohr: Er verleiht dem Gedanken an die jungen Mütter, die ihre zur See fahrenden Ehemänner verabschieden müssen, eine mitfühlende Wärme. Marc Mauillon hingegen, der nicht nur Tenor, sondern auch Bariton ist, bleibt in der tieferen Lage blass und körperlos. In der hohen Lage dagegen präsentiert sich sein Timbre oftmals hart und brettgerade. Eher steril deklamiert er auch in der Mittellage dahin – ist das sein interpretatorischer Ansatz oder zeigen sich hier Grenzen seines Stimmmaterials? Ein anderes Beispiel: „Notre amour“ höre ich von Janet Baker als eine furiose, in ihrer Begeisterung stets sich steigernde Litanei über eine glückliche Liebesbeziehung, die auf einen jubelnden Spitzenton zueilt. Auch Mauillon gestaltet hier durchaus differenziert textbezogen, aber eine kontinuierliche Spannungssteigerung, die sich an der Begriffsfolge „légère“ – „charmante“ – „sacrée“ – „infinie“ – „éternelle“ entzünden sollte, bleibt aus, und der Spitzenton (Mauillon wählt die tiefere Variante) hat nichts wirklich Eruptives. Ich möchte der partiellen Nüchternheit, ja Distanziertheit, die in Mauillons Interpretationen liegt, mit Blick auf die textlich-musikalische Substanz der Fauré-Lieder nicht grundsätzlich ihr Recht absprechen: Im Zusammenspiel mit Faurés reduziertem Spätstil, wie er sich nicht nur in seiner Klaviermusik oder im Streichquartett, sondern auch in den späten Liedern manifestiert, ergibt sie mitunter durchaus Sinn. Aber vielleicht hätte man sich einem so weit ausgespannten Überblick über Faurés Liedschaffen auch mit einem reichhaltiger ausgestatteten interpretatorischen Farbkasten nähern sollen.

Michael Wersin, 01.02.2020


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