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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schubert

Last Piano Sonatas

Francesco Piemontesi

Pentatone/Naxos PTC5186742
(74 Min., 2/2018)

Franz Schubert, der Liedkomponist – und sonst nichts? Glücklicherweise sind die Zeiten solch sträflicher Verengungen inzwischen vorüber. Seine Kammermusik, seine Sinfonik und besonders auch sein Klaviersonaten-Schaffen werden heute im Lichte seines Ringens um zeitgemäße künstlerische Äußerungen in all diesen Gattungen betrachtet. Er hatte sich freizuschwimmen von der Musik der klassischen Epoche, die ihm nicht nur seit Kindertagen zutiefst vertraut, sondern auch Sehnsuchtsort in politisch-gesellschaftlich bedrängter Zeit war. Und er hatte sich zu emanzipieren von Ludwig van Beethoven, der auf so vielen Gebieten schon scheinbar Letztgültiges gesagt hatte. Für diesen Emanzipationsprozess steht besonders eindrucksvoll die erste der drei letzten Klaviersonaten, diejenige in c-Moll (D 958), in deren Kopfsatz Schubert ein heldisches erstes Thema à la Beethoven einem typisch Schubertschen Idyll-Thema im Seitensatz gegenüberstellt und in der Verarbeitung dieses Grundmaterials seine grundsätzlich andere Verfasstheit im Vergleich zu Beethoven mit musikalischen Mitteln erlebbar macht. Besonders das heldische Thema dieser Sonate versteht Francesco Piemontesi auf der vorliegenden CD mit der ganzen Kunst seines ungeheuer plastischen, scharf zeichnenden Klavierspiels trefflich zu exponieren: Die Sechzehntelauftakte werden beinahe überpunktiert, die Läufe streben als energiegeladene Kaskade von lauter markant gesetzten Einzeltönen auf- und abwärts. Mit ähnlich stupender Plastizität präsentiert Piemontesi auch den ersten musikalischen Gedanken der A-Dur-Sonate D 959: Es gelingt ihm, das sinfonische Potenzial dieser Musik durch Hervorhebung der Mehrschichtigkeit des Satzes unmittelbar zum Erlebnis zu machen. Solche bis ins Letzte ausgefeilte Perfektion im Durchleuchten und interpretatorischen Umsetzen der Substanz dieser Musik kommt Schubert noch einmal neu zu Gute, denn auf diesem Wege wird sein faszinierend Klavier-affines kompositorisches Können wahrlich geadelt. Bei so viel markanter Präsenz auf der Tastatur fehlt in Piemontesis außergewöhnlichem Klavierspiel allenfalls ein ebenso bezwingender, fesselnder Tonfall für die lyrischen Passagen der Musik, die ja bei Schubert oft für jenes „Idyll“ stehen, das so direkt in sein Innerstes zu führen scheint: Mit etwas mehr Ruhe und Sanglichkeit könnte diese Sphäre der Musik noch profunder ausgelotet werden.

Michael Wersin, 12.10.2019


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