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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Claude Debussy

Pelléas et Mélisande

Magdalena Kožená, Christian Gerhaher, Gerald Finley, Bernarda Fink, Franz-Josef Selig, London Symphony Orchestra, Simon Rattle

LSO live/Note 1 LSO 0790
(165 Min., 10/2016) SACD + Bluray

Simon Rattles Live-Einspielung von Debussys „Pelleás et Mélisande“ wartet mit einer Starbesetzung auf: Rattles Gattin Magdalena Kožená als Mélisande, Christian Gerhaher als Pelléas, dazu der brillante Gerald Finley als Golaud sowie die souveräne Bernarda Fink als Geneviève und Franz-Josef Selig als Arkel. Simon Rattle hat sich intensivst mit der Partitur auseinandergesetzt und präsentiert eine fein ausziselierte, hoch differenzierte Lesart – was will man mehr?
Mehr sicher nicht, sondern vielleicht eher weniger, wobei dieses „weniger“ genauer zu definieren ist: Der Verfasser dieser Zeilen bekennt sich als Liebhaber der alten französischen Einspielungen dieser Oper, darunter Désormieres Version von 1941, Cluytens‘ Aufnahme von 1956 sowie die verschiedenen Einspielungen von Inghelbrecht. Das Personal der auf ein symbolistisches Theaterstück von Maeterlinck zurückgehenden Oper sieht sich hineingeworfen in eine Art traum- bzw. albtraumhafte Handlung, deren Details sich planmäßig nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen wollen. Die Charaktere wissen nicht wirklich, woher sie kommen und wohin sie gehen – die erste Szene mit Golaud und Mélisande, beide verloren und fremd in einem Wald, steht für dieses Setting, Debussys Musik vermittelt durch ihre Exotik die dazugehörige Atmosphäre auf einzigartige Weise. In den genannten alten Aufnahmen setzt sich die besondere Charakteristik der Handlung und der Musik Debussys fort in der eigenwilligen Rauheit der zeitgenössischen Instrumente, im schnörkellosen So-Sein vieler der Interpreten, die allein durch ihre prägnanten Stimmen zu wirken scheinen: Irène Joachims spröde Zerbrechlichkeit als Mélisande lässt sich ebenso wenig herbeipsychologisieren wie Henri Etcheverrys oder Gérard Souzays beklemmend bedrohliche Maskulinität – es handelt sich schlichtweg um markante Eigenschaften der stimmlichen Präsenz dieser Sänger. Diese unumwundene, von der ersten Sekunde an fesselnde Unmittelbarkeit fehlt der vorliegenden Einspielung fast vollständig. Gerade im Falle von „Pelléas et Mélisande“, so scheint es, ist die Nähe zur Uraufführung – Inghelbrecht etwa war Zeuge von Debussys eigener Arbeit an seiner Oper, Irène Joachim hat sich von Debussys erster Mélisande Mary Garden beraten lassen – wohl unersetzlich. Hut ab vor Simon Rattles minutiöser Durchdringung der Partitur. Aber es ist der Geist dieser besonderen Oper, der seiner wie auch vielen anderen modernen Aufnahmen fehlt.

Michael Wersin, 10.03.2018


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