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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Luciano Berio, Alban Berg, George Gershwin

„Crazy Girl Crazy“ (Sequenza III, Lulu-Suite, Girl Crazy Suite)

Barbara Hannigan, Ludwig Orchestra

Alpha/Note 1 ALP293
(57 Min., 8/2016)

Als der italienische Komponist Luciano Berio mit seinen Solo-„Sequenzas“ das musiktheatralische Potenzial jeweils eines Instruments neu auslotete, durfte selbstverständlich auch die menschliche Stimme nicht fehlen. Und so schrieb er 1965 seiner Gattin, der legendären Neuen Musik-Muse Cathy Berberian, mit der „Sequenza III“ einen Solo-Parcours auf den Leib, bei dem ein Text surreal deformiert, zersplittert und von hysterischen Gefühlsausbrüchen flankiert und kommentiert wird. Lebens-, Leidens- und Sehnsuchtsseufzer einer Frau stehen im Mittelpunkt dieser vokalen Szene. Womit zugleich die Grundmelodie eines Programms angestimmt wird, das von der kanadischen Sopranistin Barbara Hannigan zusammengestellt und von ihr am Pult des niederländischen Ludwig Orchestra auch dirigiert worden ist. „Crazy Girl Crazy“ lautet der Titel, den sich Hannigan nicht einfach von George Gershwins Erfolgsmusical „Girl Crazy“ ausgeborgt hat. Die von Gershwin eingerichtete Suite, bei der natürlich solche Greatest Jazz-Hits wie „I Got Rhythm“ und „Embraceable You“ nicht fehlen dürfen, hat Hannigan gemeinsam mit dem Jazz-Arrangeur Bill Elliott noch einmal klangsprachlich leicht überarbeitet, um das Konzept dieses Albums perfekt zu machen. Die Suite erklingt nämlich jetzt in der Orchestrierung von Alban Bergs „Lulu-Suite“ und damit jenes Destillats einer Oper, mit deren Titelfigur Hannigan längst erfolgreich verwachsen ist. Um starke, selbstbewusste, aber eben auch verletzliche Frauen geht es in Bergs „Lulu“, in Berios „Sequenza III“ und Gershwins „Girl Crazy“. Und wie Hannigan in ihrem Booklettext ausführt, bilden diese drei musikalisch so unterschiedlichen Werke eine Art Spiegelkabinett – mit ihrem mehr als nur künstlerischen Alter Ego „Lulu“ als Dreh- und Angelpunkt. So dramaturgisch klug das Programm ausgefallen ist, so kann Hannigan darin zugleich mit ihren stimmschauspielerisch schier grenzenlosen Möglichkeiten brillieren und beeindrucken. Bei den Glossolalien von Berio schafft sie den Spagat zwischen Groteske und Tragödie. Das „Lied der Lulu“ ist bei allem traumwandlerischen Melos zugleich auch erschütternd und beklemmend. Und der bittersüße Klangblütenzauber von Berg findet sich nun tatsächlich auch in der Gershwin-Suite wieder, in der die Allrounderin Hannigan das Leichte mit dem Ausdrucksstarken vereint. Abgerundet wird diese durchaus autobiografisch angehauchte CD von dem kurzen, sehenswerten DVD-Porträt „Music Is Music“.

Guido Fischer, 04.11.2017


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