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RONDO: Herr Rimmer, wie wird man Klavierbegleiter?
Nicholas Rimmer: Man rutscht so rein. Ich hab immer schon versucht, Duos zu gründen und aufzubauen, schon als Teenager. Wichtig ist, gut vom Blatt spielen zu können, denn Sänger haben immer irgendwelche Noten unterm Arm, wenn sie zur Probe kommen. Ich spiele auch Solo, alles fällt bei mir unter das Thema Kammermusik. Mit dem Ausdruck »Begleiter« habe ich keine Probleme. Wenn ich die Wahl habe, bevorzuge ich »Duo-Partner«.
RONDO: Gibt’s einen Unterschied, je nachdem, ob man Sänger oder Instrumentalisten begleitet?
Rimmer: Das werde ich oft gefragt. Der Unterschied liegt im Text. Mit Sängern wird man immer die Symbiose zwischen Musik und Text viel gründlicher untersuchen. Für die neue CD hatten Nils Mönkemeyer und ich die Texte dagegen sogar wegfotokopiert. Dadurch ergaben sich ganz andere Phrasierungsmöglichkeiten. Als Instrumentalbegleiter muss man sich stärker auf die klanglichen Aspekte des Instruments einlassen. Man sucht etwas, das harmoniert, aber auch einen Gegenpol bilden kann. Man hat viel größere Freiheiten, weil man nicht an Atemlängen gebunden ist. Obwohl gute Sänger natürlich gerade in dieser Hinsicht oft zaubern können!
RONDO: Suchen Sie im Duo einen jeweils eigenen, anderen Klavierklang?
Rimmer: Ganz sicher. Die Bratsche selbst hat einen sehr wandlungsfähigen, weichen Klang. Und sehr viele Farben. Sie spiegelt die menschliche Stimme, weshalb man sich ja so wohl mit dem Instrument fühlt. Wir trauen uns auch in extreme Pianissimo-Bereiche und sind beide Freunde extremer Tempi. Nils Mönkemeyer, mit dem ich seit dem Deutschen Musikwettbewerb 2006 zusammen musiziere, ist der einzige, mit dem ich mich das trauen kann. Übrigens finde ich, dass das Bearbeiten von Liedern für Solo-Instrumente auch wiederum keine Mode werden sollte. Ich kriege sonst auch Ärger mit meinen Sängern.
RONDO: Wer war der beste Begleiter?
Rimmer: In England, wo ich aufgewachsen bin, Gerald Moore. Und Benjamin Britten. Ich durfte einmal auf seinem Flügel spielen. Er hat angeblich kaum geübt. Das Klavierbegleiten ist eine typisch britische Tradition. Graham Johnson, Geoffrey Parsons und viele Begleiter der älteren Generation kamen von dort. In Deutschland ist mit Justus Zeyen oder Wolfram Rieger erneut Bewegung in die Szene gekommen.
RONDO: Und Michael Raucheisen?
Rimmer: Finde ich einen tollen Pianisten! Seine alten Aufnahmen mit Elisabeth Schwarzkopf oder Hans Hotter sind ein wahnsinnig wichtiges Dokument. Wenn man sie hört, erscheint vieles extremer als man es heute kennt. Sodass ich mich frage, ob wir heutzutage nicht viel zu weich, zu schön, zu rund musizieren. Die Möglichkeit, alles in technisch höchster Qualität aufzunehmen, hat uns vorsichtig werden lassen. Das Spontane hat sich dabei fast verloren. Raucheisen war viel spontaner!
RONDO: Lernt man als Begleiter eine musikalische Zurückhaltung, eine Art »Dienst am Kunden«, die andernorts musikalisch wieder von Nachteil ist?
Rimmer: Ja. Andererseits: Ich weiß nicht. Kammermusik tut allen Bereichen gut. Fest steht, dass ich mich jedesmal wieder umpolen muss, bevor ich einen Solo-Abend gebe. Um wieder Sänger und Begleiter in einer Person zu werden.
RONDO: Gerald Moore nannte seine Autobiografie: »Bin ich zu laut?« Gilt das auch für Instrumentenbegleiter?
Rimmer: Die Frage ist falsch gestellt, und war auch von Gerald Moore eher ironisch gemeint. Die Frage ist: Wie klinge ich richtig? Wie klingt es gut insgesamt? Untergeordnet fühle ich mich dabei nicht. Ich bin nicht die Säule, und die Statue steht obendrauf. Es ist ein Miteinander, kein Übereinander.
Robert Fraunholzer, 08.02.2014, RONDO Ausgabe 2 / 2010
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