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(c) Jean-Baptiste Millot/DG
Die Klangfarbe der Mandoline ist zwar etwas grell und näselnd, hat aber etwas Pikantes und Originelles.“ Wer kurz und knapp etwas über Instrumente und ihren Charakter erfahren will, der schlägt nach bei Hector Berlioz. Und erstaunlicherweise ging der sonst so strenge Gutachter mit diesem oft verspotteten Mehrsaiter gar nicht so hart ins Gericht. Was vielleicht auch daran lag, dass der Hobbygitarrist Berlioz ein Herz für Zupfinstrumente hatte. Trotzdem ist das Image der Mandoline seitdem nicht unbedingt das Beste. Mit ihren leicht asthmatisch wirkenden Pling- Pling-Pling-Tremoli konnte man sie bisher eher im Rudel, in den berühmtberüchtigten Mandolinenorchestern ertragen. Und obwohl ihr selbst ein Mozart (in der Arie ‚Deh vieni alla finestra‘ des Don Giovanni) genauso einen Auftritt gönnte wie Mahler in seiner 7. Sinfonie, so hat sie eigentlich nur in der italienischen und amerikanischen Volks- bzw. Folkmusik richtig Karriere gemacht.
Doch diesem Schicksal will Avi Avital seine geliebte Mandoline endgültig entreißen. Und der Israeli scheint auf einem guten Weg zu sein. Schließlich hat er es nicht nur als erster Mandolinist geschafft, von einem CD-Branchen- Primus unter Vertrag genommen zu werden. Spätestens seit seiner Aufnahme mit Transkriptionen von Bach-Konzerten sind selbst die großen Konzerthäuser von New York bis Wien auf ihn und sein virtuoses, vor allem verblüffend facettenreiches Spiel aufmerksam geworden.
Schon im Alter von acht Jahren hatte sich Avital, der glatt als Zwillingsbruder vom spanischen Fußballidol Raúl durchgehen könnte, in die Mandoline verhört. Bereits zwei Jahre später war er in seiner Heimat Israel Mitglied in einem Mandolinenorchester. Und bald entstanden die ersten Arrangements von Bach und Mozart, aber auch von Ragtimes und russischen Folksongs. „Die Mandoline gleicht einer Palette mit ihren vielen Farben“, so der 35-Jährige über die Vielsprachigkeit seines Instruments. „Und mit ihr kann man die Farben einfach unendlich vermischen“. Diesen Beweis hat er jetzt auch mit seiner aktuellen CD „Between Worlds“ angetreten. Da hat er sich zusammen mit der Kammerakademie Potsdam auf die Spuren des musikalischen Feldforschers Béla Bartók gemacht und gleichzeitig beim Tango-Papst Astor Piazzolla vorbeigeschaut. Und neben dem unverwüstlichen Alltime-Csárdás von Vittorio Monti singt er zusammen mit dem französischen Akkordeonisten Richard Galliano und dem Kontrabassisten Klaus Stoll eine Tremolo-gesättigte Arie von Villa-Lobos. „Ähnlich der russischen Balalaika und der griechischen Bouzouki verkörpert die Mandoline verschiedene Identitäten. Und die gemischte Identität liegt irgendwo zwischen klassischer und populärer Musik. Genau damit wollte ich nun spielen.“
Auf seinem neu eingeschlagenen Weg hatte er dabei aber das besondere Glück, einen alten, von ihm aufrichtig bewunderten Freund an seiner Seite zu haben. Den Klezmer-Klarinettisten Giora Feidman lernte er bereits 2005 kennen – nun improvisieren beide Hand in Hand über eine jüdische Weise. Und auch da ist man erstaunt, was für eine vielsaitige Persönlichkeit die Mandoline doch ist.
DG/Universal
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