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Es ist vermutlich nur ihrem ansonsten hochseriösen Aussehen zuzuschreiben, dass Alondra de la Parra diesen Sommer nicht ein paar unangenehme Stunden in der Notaufnahme des Potsdamer Krankenhauses verbringen musste. Denn für unwissende Passanten dürfte der Anblick einer jungen Frau, die sich beim Gehen fortwährend konzentriert mit der Hand auf die Brust schlägt, eigentlich Anlass genug sein, ärztliche Hilfe herbeizurufen. Doch de la Parra hat nochmal Glück gehabt und musste keinem erklären, dass das einfach ihre Methode ist, Musik zu lernen. T ak tak tak, immer mit der Hand aufs Herz, solange bis der schwierige Rhythmus endlich in Fleisch und Blut übergegangen ist. »Was auf dem Papier steht, ist nicht das Gefühl, das man braucht«, erklärt sie, »vor dem Orchester kannst Du nicht anfangen zu zählen«. In den USA, wo sie seit ihrem Dirigierstudium an der Manhattan School of Music lebt, hat ihre eigenwillige Methode de la Parra in den letzten Jahren immerhin schon an das Pult etlicher Sinfonieorchester gebracht – dort wird die 29-Jährige als eine der vielversprechendsten Jung-Maestras gehandelt. Diesmal aber hat sich de la Parra ihre Rhythmen vermutlich noch energischer eingebimst als sonst. Denn erstens ist das Konzert mit der Potsdamer Kammerakademie das Deutschland-Debüt der Mexikanerin, und zweitens steht mit Bartóks »Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta« ein Werk auf dem Programm, für das sie auch ein paar blaue Flecken in Kauf nehmen würde.
Wenn sie aber von Musik aus Mexiko oder dem übrigen Lateinamerika erzählt, bekommt die Stimme von Alondra de la Parra einen fast pathetischen Unterton. »Diese Musik verdient einen Platz im Repertoire jedes Orchesters«, meint sie, »und meine Mission ist es, dazu beizutragen«. Dafür hat sie in den letzten Jahren schon eine ganze Menge getan: Vor sechs Jahren gründete de la Parra in New York das Philharmonic Orchestra of the Americas, das sich explizit der Aufgabe widmet, die sinfonische Musik des Doppelkontinents bekannt zu machen. Natürlich auch die Musik Mexikos, die das besonders nötig hat. Denn während die Malerei des Landes durch Frida Kahlo auch in Europa ein Begriff ist, sind selbst die Werke des wichtigsten mexikanischen Komponisten, des 1940 verstorbenen Silvestre Revueltas, nur Klassikfreaks bekannt. Es sei auch für sie nicht ganz einfach gewesen, sich überhaupt einen Überblick über die Musik ihrer Heimat zu verschaffen. Drei Jahre habe es gebraucht, bis sie die Werke zusammen hatte, die auf ihrem Debütalbum »My Mexican Soul« aus Anlass der 200-Jahr-Feier der mexikanischen Republik erscheinen. »Ich habe die ältesten Musikkritiker Mexikos besucht und in ihren Archiven stöbern dürfen. Die CD ist erstmal als Sampler gedacht, der vor allem neugierig machen soll. Aber ich weiß jetzt, dass es da noch unglaublich viel zu entdecken gibt.«
Jörg Königsdorf, 04.01.2014, RONDO Ausgabe 5 / 2010
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