home

N° 1307
27.05. - 02.06.2023

nächste Aktualisierung
am 03.06.2023



Startseite · Oper & Konzert · Pasticcio

Das Orchester zur Zeit des Dritten Reichs (c) Wiener Philharmoniker

Pasticcio

Spät, aber nicht zu spät

Ihre nicht gerade rühmliche Rolle während des Nationalsozialismus haben die Wiener Philharmoniker nie richtig aufgearbeitet. Erst 2011 kam der Stein vorsichtig ins Rollen, als der Schweizer Historiker Franz Trümpi mit seinem Buch „Politisierte Orchester“ auch Einblicke in die dunklen Archive und Kanäle der Donau-Philharmoniker gab. Mittlerweile ist Trümpi Teil eines vom Orchester beauftragten Historikerteams, das intensiv die Schatten der NS-Vergangenheit untersuchen soll. Und schon im Oktober 2013 hatte das Orchester auf die neuesten Recherchen reagiert. So entschied man, hochrangigen NS-Politikern wie den Wiener Reichsstatthaltern Gauleiter Baldur von Schirach und Arthur Seyss-Inquart endlich die philharmonischen Auszeichnungen abzuerkennen. Dazu zählten die Nicolai-Medaille sowie der Ehrenring, der Schirach nach seiner Haftentlassung 1966 sogar in Form eines Duplikats ein zweites Mal verliehen wurde.
So überfällig diese Aberkennungen war – die Öffentlichkeit wurde darüber merkwürdigerweise nicht umgehend informiert. Erst kurz vor Weihnachten sickerten Informationen über den symbolisch wichtigen Akt durch – was etwa den Grünen-Politiker Harald Walser einigermaßen irritierte. Er empfindet diese „Geheimaktion“ als einen „unwürdigen Umgang mit dem heikelsten Abschnitt der Orchestergeschichte“. Walser ist es übrigens auch, der die Diskussion um das philharmonische Heiligtum, das traditionelle „Neujahrskonzert“ erst ausgelöst hat. Und Franz Trümpi und seinen Kollegen haben auch da inzwischen herausgefunden, dass „das Konzert seine Wurzeln im Nationalsozialismus“ hat. Pikanterweise dirigierte gerade Daniel Barenboim im Neujahrskonzert 2014 auch die „Mondscheinmusik“ aus „Capriccio“ von Wendehals Richard Strauss. Denn hätte er etwas intensiver in die Entstehungsgeschichte von Strauss´ letzter Oper geschaut, wäre ihm aufgefallen, dass die „Capriccio“-Introduktion erstmals am 6. Mai 1942 in Wien gespielt wurde – im Haus von Baldur von Schirach.

Guido Fischer



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Da Capo

Innsbruck (A), Festwochen der Alten Musik, Paërs „Leonora“

Festspiele auch in Innsbruck, wo man sich die 44. Festwochen für Alte Musik nicht virusvermiesen […]
zum Artikel

Volt & Vinyl

Volt & Vinyl

Wilhelm Furtwängler

Wilhelm Furtwängler und die Berliner Philharmoniker – bei diesem Gespann schnalzen die […]
zum Artikel

Testgelände

Kastratenarien

Caffarinelli!

zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Alexander Skrjabins frühe Werke sind in ihrer Tonsprache noch stark von Chopin und Liszt beeinflusst. Die Préludes op. 13, zeigen deutliche Bezüge zu Chopin, aber auch eine visionäre Originalität, die seine zukünftige Modernität vorwegnimmt. In der berühmten Étude in cis-Moll hört man komplexe Harmonien, während die epische Leidenschaft der Fantasie in h-Moll bereits den kompositorischen Fortschritt andeutet. Die italienische Pianistin Daniela Roma hat in ihrem Heimatland und den […] mehr


Abo

Top