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Will nicht mehr die Augen verschließen: Iván Fischer (c) Marco Borggreve
Erst im Mai sorgte Ungarn wieder für Schlagzeilen in den Abendnachrichten. In Budapest hatten sich rechtsextreme Antisemiten versammelt, um gegen den in Budapest veranstalteten Jüdischen Weltkongress zu demonstrieren. Und was machte die Politik? Sie schaute zu bzw. rief gar zu diesem „Protest“ auf. Seit der (demokratischen) Wahl der Regierung von Viktor Orban, der auch die offen rechtsradikale Jobbik-Partei angehört, herrscht in Ungarn speziell gegenüber Juden ein beklemmendes Klima. Weshalb etwa Pianist András Schiff entschieden hat, vorerst nicht mehr in seiner Heimat zu gastieren. Und bereits 2011 sagte Dirigent Christoph von Dohnányi ein Gastspiel an der Staatsoper ab, nachdem zwei Antisemiten die Leitung des Budapester Theaters Uj Szinhaz übertragen worden war. Immerhin Iván Fischer, seines Zeichens Gründer und Leiter des Budapest Festival Orchesters, lässt sich vom aufgekeimten, dunklen Geist nicht einschüchtern. „Wie im 19. Jahrhundert ist Ungarn wieder ein Kriegsschauplatz zwischen aufgeklärten Menschen, die sich Europa verbunden fühlen, und nationalistischen Fundamentalisten, die Sündenböcke ausmachen“, so Fischer im Vorfeld eines besonderes Konzertprogramms, das er jetzt mitten in Budapest dirigiert. Denn um Flagge zu zeigen, hat Fischer für seine zweite Oper einen historischen Stoff ausgewählt, der Ende des 19. Jahrhunderts für antisemitische Ausschreitungen sorgte. Es ist die sogenannte „Affäre von Tiszaeszlár“, bei der ein Jude angeklagt wurde, an einem christlichen Mädchen einen Ritualmord begangen zu haben. Der Angeklagte wurde zweifelsfrei freigesprochen. Trotzdem nahm man diese Affäre noch 2012 im ungarischen Parlament zum Anlass, um loszuhetzen.
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