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Alle, die John Medeski als furiosen Tastendrücker des Orgel-Trios Medeski, Martin & Wood kennen, werden ziemlich überrascht sein: Auf der ersten Solo-Einspielung seiner Karriere erweist sich der 47-Jährige als ausgesprochen sensibler Minimalist, der mit einfachsten Melodien und viel Raum zwischen den Noten operiert. „Dieses Album zeigt eine Seite von mir, die ich sehr selten mit anderen teile“, sagt der Pianist, „das ist Musik, die ich für gewöhnlich zuhause spiele für die Menschen, die mir nahe stehen. Ich sage es mal so: Es ist alles sehr nackt.“
Man hört förmlich, dass die Stücke (darunter ein Willie-Nelson-Song, ein Spiritual und eine Komposition, die Medeski mit 15 Jahren schrieb) mitten in der Nacht eingespielt wurden, so intim, verletzlich und somnambul sind sie. Und obwohl sie so gar nichts mit dem psychedelischen Klanggewitter-Funkjazz gemein haben, für den Medeski berühmt ist – ein starkes verbindendes Element zum bisherigen Schaffen des Amerikaners gibt es doch: die Arbeit mit dem Klang eines ganz speziellen Tasteninstruments. Nur ist es diesmal eben nicht Hammond-Orgel, Mellotron, Wurlitzer oder Moog.
Auf „A Different Time“ spielt Medeski ausschließlich auf einer Sammler-Rarität, einem prämodernen Flügel des französischen Klavierbauers Gaveau aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. „Das Instrument klingt ganz anders als ein normaler Flügel, es hat etwas von einem Cembalo. Man muss wirklich hart daran arbeiten, es unter Kontrolle zu bringen. Da ist nichts, hinter dem man sich verstecken kann“, bemerkt Medeski.
Die Aufnahme erscheint als erste Veröffentlichung auf dem von Sony wiederbelebten Label „OKeh“, das einst die Platten von Fats Waller, Jelly Roll Morton oder Louis Armstrong herausbrachte. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf: Ist John Medeskis kammermusikalischer Solo-Ausflug überhaupt noch Jazz? Der Pianist lacht: „Ich bin mir sicher, dass meine Platte viele Jazztypen in Rage bringen wird. Aber das ist mein Job. War es schon immer.“
OKeh/Sony
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