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Kann auch als Dirigent den Marsch blasen: Sir Simon Rattle © Mark Allan
Dass über London mal dunkle Wolken hängen, ist nicht gerade ungewöhnlich. Trotzdem gibt es Momente, in denen es besonders bedrohlich und stürmisch werden kann. In einer solchen extremen Schlechtwetterphase befindet sich aktuell der Kultur- und damit auch der Klassikbetrieb. Denn wenn es nach dem Willen der neuen Regierung geht, muss radikal gespart werden. Bei den Bibliotheken und Theatern, aber auch bei den Konzert- und Opernhäusern. „Levelling up“ nennt das die britische Regierung – womit radikale Subventionsstreichungen verknüpft sind. 50 Millionen Pfund will das Arts Council England der Londoner Kulturszene entziehen. Womit bekannte Spielstätten wie das Gate Theatre in Notting Hill ihre Finanzierung verlieren würden. Doch auch die London Sinfonietta würde künftig rund 40 Prozent weniger Geld bekommen. Und der immerhin seit fast einem Jahrhundert existierenden English National Opera wurde Ende letzten Jahres angedroht, dass sie mit 12,6 Millionen Pfund und damit mit einem Drittel weniger ihrer bisherigen Finanzierungsgrundlage auskommen müsse. Zwar wurde zu Beginn von 2023 der ENO eine einjährige Gnadenfrist gewährt. Aber dann dürfte es wohl ans Angemachte gehen.
Die angespannte Finanzsituation in der Finanzmetropole London hat inzwischen sogar schon die BBC erreicht. Aktuelle Sparpläne sehen vor, dass der Etat bis 2027 um 400 Millionen Pfund verschlankt werden soll. Weshalb der Rotstift auch bei den hauseigenen Ensembles angesetzt wird. Bei den drei englischen BBC-Orchestern sollen 20 Prozent der Musiker wegfallen. Und die BBC Singers sollen gleich ganz aufgelöst werden. All diese Androhungen haben natürlich die Klassikszene auf 180 gebracht. Wozu auch Sir Simon Rattle gehört, der noch bis zum Ende der Saison Chef des London Symphony Orchestra ist. Als er jetzt am 23. April mit seinem Orchester Mahlers 7. Sinfonie aufführte, hatte er ein Zeichen der Solidarität gesetzt und für das Konzert kurzerhand die BBC Singers mit Francis Poulencs „Figure humaine“ eingeladen. Doch das war nicht Rattles einziges Statement zu all den Kürzungsplänen. In einer kleinen Rede entlud sich seine ganze Wut über den kulturellen Vandalismus. „Diejenigen, die wissen, wie ein Orchester funktioniert, werden wissen, dass man die Mitgliederzahl nicht durch natürlichen Schwund oder auf andere Weise um 20 % verringern kann“, so Rattle. „Dann ist es kein Orchester mehr, und auch all die Jahre des Aufbaus einer Teamkompetenz sind zum Fenster hinausgeworfen.“ Oder: „Wenn die beiden größten Förderer der klassischen Musik in diesem Lande [gemeint sind der Arts Council England sowie die BBC] auf diese Weise am Fleisch unserer Kultur sägen, dann ist die Richtung, in die es geht, zutiefst bedenklich geworden.“ Seine Brandrede schloss Rattle mit den Worten: „Wir befinden uns in einem Kampf, und wir müssen dafür sorgen, dass die klassische Musik Teil des schlagenden Herzens unseres Landes, unseres Landes und unserer Kultur bleibt.“ Nach solchen Statements kann es dann eigentlich nur eine tolle Siebte gegeben haben.
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