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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Schier perfekte Intonation, Präzision und Klangbalance: Der Tenebrae Choir unter Nigel Short © Sim Cannetty-Clarke

Pasticcio

Goldkehlen

Wer zum ersten Mal London besucht, der sollte unbedingt einen längeren Abstecher in eine der weltweit spektakulärsten Kathedralen einplanen. Immerhin ist die im Stil der Frühgotik gebaute Westminster Abbey, die mit ihren 70 Metern Höhe fast den Himmel zu berühren scheint, nicht nur ein architektonisches Wunderwerk. Hier liegen gekrönte Häupter des einstigen British Empires, aber auch Musiktitanen wie Henry Purcell und Georg Friedrich Händel begraben. Und außerdem ist in der Westminster Abbey einer der berühmtesten Chöre Englands beheimatet, der bis heute als eine der allerfeinsten Talentschmieden gilt. Das kann natürlich auch Nigel Short aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Schließlich begann er hier im Knabenchor, bevor er als Countertenor festes Mitglied zuerst bei den Tallis Scholars und dann bei den berühmten King´s Singers wurde.
Mittlerweile ist Short aber selbst Gründer und Chef. – und zwar seit 2001. Damals rief er mit dem Tenebrae Choir einen eigenen Kammerchor ins Leben. Auf der Suche nach den besten Sängern und Sängerinnen wurde er in Englands ersten Adressen fündig – im Chor der Saint Paul’s Cathedral, in den beiden Londoner Opernhäusern sowie eben im Chor der Westminster Abbey.
Längst hat dieses Wunderteam Maßstäbe gesetzt, was das gemeinsame Atmen und den unglaublich luziden und zugleich dynamischen Klang anbelangt. Wie musikalisch breitaufgestellt der Chor ist, spiegeln auch zahllose Alben wider, auf denen man den Bogen etwa vom Renaissance-Requiem eines Tomás Luis de Victoria über Bruckner-Motetten bis hin zu Francis Poulenc und Gustav Holst geschlagen hat.
Neben Höchstnoten seitens der Kritik und des Publikums freut man sich selbstverständlich immer auch über Preise, die bisweilen ordentlich dotiert sind. Wie im Fall des „Rheingau Musik Preises“, der dem Tenebrae Choir wegen seiner „schier perfekten Intonation, Präzision und Klangbalance“ in diesem Jahr verliehen wird. 10.000 Euro gibt es obendrauf. Im Gegenzug bedanken sich Short & Co. mit einem Konzert am 22. Juli im Kloster Eberbach.
Bereits Anfang Juni findet hingegen in Leipzig eine besondere Konzertgala statt. Am 8. Juni wird das Bachfest mit der Verleihung der Bach-Medaille eröffnet. Und nach etwa András Schiff, Christoph Wolff, Philippe Herreweghe und John Eliot Gardiner ist es nun der Thomanerchor Leipzig, der mit dieser höchsten Musikauszeichnung der Stadt Leipzig geehrt wird. Auf eine über 800-jährige Geschichte kann der Chor zurückblicken. Und vor genau 300 Jahren leitete der wohl berühmteste Thomaskantor, Johann Sebastian Bach, erstmals die Goldkehlchen. Dieses Jubiläum war denn auch einer der Gründe, die Bach-Medaille jetzt dem Thomanerchor zu verleihen: „Kein Ensemble hat sich im Laufe der letzten 300 Jahre – durch unterschiedlichste Zeiten – so sehr um die Pflege und Verbreitung von Bachs Kirchenmusik verdient gemacht wie der Thomanerchor“, so die Begründung der mit u.a. Peter Wollny, Ton Koopman, und Andris Nelsons hochkarätig besetzten Jury. „Im Jahr von Bachs 300. Dienstjubiläum ist daher kein passenderer Preisträger denkbar.“

Guido Fischer



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