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Alle 50 Jahre feiern die beiden unumstritten berühmtesten Stimmen der Operngeschichte gemeinsam runden Geburtstag. So auch dieses Jahr: Enrico Caruso wurde vor 150 Jahren geboren, Maria Callas vor genau einem Jahrhundert. Wie würdigt man solche Persönlichkeiten, über die schon alles geschrieben wurde? Im Falle Caruso hat sich der Musikwissenschaftler Thomas Seedorf mit zwei unterschiedlich angelegten Bänden dem Mythos und vor allem dem Gesang Carusos erhellend informativ genähert. Die Autorin Eva Gesine Baur ist jetzt für ihre Callas-Biografie den eher konventionellen Weg gegangen und hat auf immerhin 500 Seiten vor allem den Fokus auf die Skandalnudel, die Betrogene und überhaupt vom Leben enttäuschte Sopranistin gelegt. Dafür hat sich Baur zwar mit einem Berg von Sekundärliteratur beschäftigt, wie das angefügte Literaturverzeichnis verrät. Doch die Fleißarbeit hat sich in einem Yellow Press-Lebensbericht niedergeschlagen, der anekdotenreich all die durchaus tragischen Lebensstationen samt gescheiterter Liebeleien Revue passieren lässt, die bereits zuhauf nacherzählt worden sind. Zum eigentlichen Faszinosum, zur Künstlerin Callas, trägt diese Biografie abseits der detailliert nachgezeichneten Karriereabschnitte und Auftritte wenig bei. Da hätte man sich schon einen kenntnisreichen Berater gewünscht, der Callas’ Stimme in die Operngeschichte einzuordnen versteht. Auf Seite 328 ergreift die Callas selbst das Wort mit einem Bonmot: „Ich kann Bücher über mich nicht leiden.“ Sie könnte Bücher wie dieses gemeint haben.
Guido Fischer, 15.04.2023, RONDO Ausgabe 2 / 2023
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