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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Violinist Renaud Capuçon beim Konzert in Monte-Carlo 2022 (c) Alain Hanel

Festival Printemps des Arts

Sehnsuchtsort der Kulturhungrigen

Amerika und Fauré, Schubert und Skrjabin – das sind Themen, die auch 2023 zum Besuch des Festivals nach Monaco locken.

Das kleine Fürstentum von Monaco, es hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. So wie viele andere Orte der Welt auch. In Monaco ist manches schneller gegangen, aber vieles ist auch gleichgeblieben. Immer noch kommen die Menschen aus aller Welt, um hier aus dem Alltag zu entfliehen. Man schaut sich die Sphäre der Schönen und Reichen an, schwebt durch exklusive Bälle oder Cocktails. Man erlebt den Kitzel des Glückspiels. Man schmeckt fast die Gefahr des Autosports beim Grand Prix, wenn die Boliden durch die Haarnadelkurven fliegen. Man gibt sich – ganz nach persönlichem Geldbeutel – den Schauern des Shoppings hin. Aber Monaco, das ist eben, so dicht und wagemutig man hier gebaut hat, auch Natur und Meer, Sonne, Strand und Wind, Flora und Fauna.
Und Monaco steht seit mehr als eineinhalb Jahrhunderten auch als eben sehr besonderer Ort der Côte d’Azur für Kultur – für großartige Ausstellungen, für die goldenen Stimmen der Oper, die sogar regelmäßig in Uraufführungen glänzen, für grandiose Konzerte mit dem Philharmonischen Orchester von Monte-Carlo, aber eben auch für Jazz, Pop, Weltmusik und die Wunderwelt des Zirkus. Und das fast immer in ewiger Sonne, gemixt aus französisch eleganter Lebensart und italienischem dolce far niente – so, wie sich an der Riviera die Einflüsse dieser hier benachbarten Länder glücklich mischen.
Früher einmal, als der Tourismus an der Riviera groß wurde, als die Engländer, Deutschen und Russen das Gold der Sonne suchten, da war der Winter die beste Reisezeit, die Hochsaison. Heute verteilen sich die Fremden über das ganze Jahr, doch die Spielzeit der Kultur hat immer noch im Winter ihren Höhepunkt. Besonders in der Oper. Charles Garnier entwarf hier sein einziges Opernhaus außerhalb von Paris, sinnigerweise situiert im gleichen Gebäude wie das berühmte Casino, auf dem Hügel von Monte-Carlo.
An der Oper hat eben Mezzo-Superstar Cecilia Bartoli ihre Arbeit als Intendantin begonnen, eine lange Verbindung zum musikalischen Monaco besteht schon durch die von ihr angeregte, vom Fürsten Albert II. und seiner für die Kulturdinge zuständigen Schwester Caroline Prinzessin von Hannover abgesegnete Gründung des Alte-Musik-Ensembles Les Musiciens du Prince – Monaco. Und auch das in den Achtzigerjahren in Erinnerung an Monaco als Winter- und Kreativquartier der legendären Ballets Russes von der damaligen Landesmutter Fürstin Gracia Patricia neugegründete Ballets de Monte-Carlo hat sich seit der Direktorenschaft von Jean-Christophe Maillot einen weltweit glänzenden Ruf ertanzt.

Im Dialog der Künste

In seinem zweiten Jahr steht hingegen nun der Komponist Bruno Mantovani dem ebenfalls längst traditionsreichen, 1970 etablierten Musikfestival Printemps des Arts vor, das im März und April vornehmlich an den Wochenenden eine Vielzahl von Tönen und Klängen im Fürstentum erschallen lässt. In „Festival“ steckt das Wort „Fest“. Ein Wort, das dazu ermuntert, jeden Augenblick zu genießen und zu einem festlichen Hörvergnügen für lebendige Musik zu machen.
Dieses der Kreation zugewandte Festival macht das Fürstentum bei Ankunft des Frühlings zu einem Sehnsuchtsort für all diejenigen, die Kunst und Musik gemeinsam erspüren – mit Musik vom 11. bis 21. Jahrhundert, Sinfonien, Opern, Recitals, Performances, Tanz … Man legt Wert auf die Entdeckung und Förderung junger Talente wie die Entdeckung von Musikkulturen anderer Kontinente. Bruno Mantovani hat sich für drei Jahre zunächst einmal vorgenommen, die stilistische Entwicklung vieler klassischer oder zeitgenössischer Komponisten zu befassen, indem er ihre ersten und letzten Werke präsentiert.
Schließlich wird dem Dialog zwischen Musik und anderen künstlerischen Ausdrucksformen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Tanz, Theater und sogar Gastronomie werden an dieser Feier des akustischen Hedonismus teilnehmen. Der Printemps ist Kommunikation – in Konzerten, Konferenzen, Runden Tischen, After Concerts, wo sich Künstler und Publikum austauschen können, ohne die Meisterklassen der zum Festival eingeladenen Solisten zu vergessen.
Die Aufführungsorte tragen ebenso zum Erfolg des Printemps bei. Da sind die Salle Empire des Hôtel de Paris, die Salle Garnier im Opernhaus, die Salle des Étoiles des Sporting Monte-Carlo, aber auch das Meeres­kundemuseum, das Auditorium Rainier III, die Galerie Hauser und Wirth oder das Théâtre des Variétés, ein Autotunnel, ja sogar das Gefängnis!
„Mein Ende ist mein Anfang“ heißt es vom 8. März bis 2. April beim Printemps des Arts 2023. Und die Bahn, die vom ersten bis zum letzten Werk desselben Schöpfers führt, wird der rote Faden sein. Dazu wird etwa von Aurélien und Denis Pascal das gesamte Cello/Klavier-Werk von Gabriel Fauré aufgeführt, Alexander Skrjabins zehn Klaviersonaten werden von Varduhi Yeritsyan interpretiert, Michel Dalberto wird als Carte-Blanche-Künstler durch den riesigen Klavierkorpus von Franz Schubert reisen. Ein großes Thema bildet dann auch die amerikanische Musik, von Aaron Copland und Elliott Carter über Steve Reich – bis zum französischsten aller US-Trompeter – Chet Baker.

Weitere Infos und Tickets unter:
www.printempsdesarts.mc

Matthias Siehler, 11.02.2023, RONDO Ausgabe 1 / 2023



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