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(c) Gregor Hohenberg
Weiß, soweit das Auge blickt: Tief verschneit liegen die Täler des Valdres da und gehen nahtlos in die schneebedeckten Berge des Jotunheimen-Gebirges über. „All der Schnee, der in den mitteleuropäischen Wintersportregionen derzeit fehlt, liegt hier in Norwegen“, lacht Eldbjørg Hemsing. „Hier hat es alles heruntergeschüttet – es ist einfach eine gewaltige Pracht.“ Allerdings mit derzeit bis zu minus 25 Grad auch klirrend kalt – für deutsche Verhältnisse …
Nicht so indes für die Norwegerin, die hier – knapp 200 Kilometer nördlich von Oslo – in dem 500-Seelen-Dorf Aurdal groß geworden ist. „Winters ist es hier wirklich wunderbar: Tief gefrorene Gewässer, tonnenweise Schnee – ein echtes Winter-Wonderland-Gefühl.“ Ein Gefühl, das die aparte junge Frau mit den langen blonden Haaren schon früh in die dortigen Loipen zog – „wir Norweger werden mit Skiern an den Füßen geboren: der Langlauf ist einfach ein Teil unserer Kultur, und so bin ich als Kind auch auf Skiern zur Schule gefahren.“ Manchmal sogar mit der Geige auf dem Rücken, denn in das Saiteninstrument hatte sich die kleine Eldbjørg bereits als Vierjährige verliebt – kein Wunder, wenn die Mutter Violinlehrerin ist …
Nicht, dass die Leidenschaft des Vaters für die Langeleik, eine langgestreckte norwegische Griffbrettzither, die Tochter nicht beeindruckt hätte – bis heute widmet die Geigerin sich neben der Klassik ebenso der Volksmusik auf der traditionellen Hardangerfiedel – doch noch weit mehr hat der Beruf des Vaters als Förster und Bergaufseher ihr Wesen, Denken und Leben geprägt. Oft fuhren sie gemeinsam in die Berge, maßen Wassertiefen und Fischbestände oder unternahmen Ausflüge in die Arktis. „Viele Male bin ich zu allen Jahreszeiten dort gewesen“, erinnert sich Hemsing. „Die Natur ist nicht nur unglaublich schön, ja majestätisch, sondern besitzt in ihrer Unberührtheit eine geradezu magisch anziehende Kraft.“ Ihre grünblauen Augen leuchten, und für einen Moment blitzt in ihrer eigenen Ausstrahlung etwas Feenhaftes auf …
Naheliegend, dass sich die 31-Jährige nun für ihr neues Label als erstes auf eine musikalische Reise durch diesen ebenso faszinierenden wie unbekannten Kontinent begeben hat – nicht zuletzt um „auf die Bedrohung dieser großartigen Landschaft durch den Klimawandel hinzuweisen“. Was sich indes nicht in schrillen Tönen oder grellen Ausrufezeichen niederschlägt, sondern auf dem Cover in geheimnisvollen, weiten Landschaften in blau-schwarzen Farbtönen und musikalisch in ebenso getragenen wie berührenden Klangfarben von (Film-)Komponisten wie Jacob Shea und Frode Fjellheim bis hin zu Edvard Grieg – und einem intensiv glühenden, doch gänzlich mätzchenfreien Geigenton. „Natürlich ist die Arktis sehr rau, ja bisweilen fast ein wenig brutal, und man muss schon wissen, wie man dort lebt und überlebt“, hält sich Hemsing von jeglicher Schönfärbung fern. „Aber es gibt eben auch die Sanftheit dieser Natur – und da kann Musik ein ganz bestimmtes Gefühl vermitteln, das die andere Seite dieser Welt im Norden zeigt.“ Im besten Fall in Verbindung mit einer Skitour durchs tief verschneite Valdres, zu der die Geigerin in diesen Tagen auf jeden Fall wieder aufbrechen wird.
Sony
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