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N° 1353
13. - 23.04.2024

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am 20.04.2024



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Wurde seinem Ruhm wieder einmal gerecht: Das Chamber Orchestra of Europe © Julia Wesely

Chamber Orchestra of Europe

Lehrstunde in Klangkultur

In der Münchner Isarphilharmonie brilliert das das Orchester an der Seite von Janine Jansen unter der Leitung von Sir Antonio Pappano.

Dass die Chemie zwischen Sir Antonio Pappano und dem Chamber Orchestra of Europe stimmt, das merkte man beim gemeinsamen Auftritt in der Münchner Isarphilharmonie von der ersten Note an. Da genügte oft eine kleine Geste, ein kurzer Blick oder einfach auch nur ein anerkennendes Lächeln, um diesem Luxus-Klangkörper feinste dynamische Abstufungen zu entlocken, wie man sie so nur selten erlebt. Ohne Zweifel, den Ruhm, der ihnen vorauseilt, haben die Musikerinnen und Musiker hier wieder einmal eindrucksvoll untermauert.
Die multinational zusammengesetzte Truppe, die sich 1981 aus ehemaligen Mitgliedern des European Community Youth Orchestra formierte, ist seit mittlerweile vier Jahrzehnten nicht mehr von den internationalen Konzertpodien und großen Festivals wegzudenken. Ihre CD-Produktionen wie Rossinis „Viaggio a Reims“ unter Claudio Abbado, oder die gemeinsam mit Nikolaus Harnoncourt eingespielten Beethoven-Sinfonien genießen bis heute Referenzcharakter. Und dies sind nur zwei von unzähligen großen Dirigentennamen, die eng mit der Geschichte des Klangkörpers verbunden sind. So arbeitete das Chamber Orchestra of Europe etwa in jüngerer Vergangenheit unter anderem intensiv mit Sir András Schiff oder Yannick Nézet-Séguin zusammen und fungiert seit der Jubiläumssaison 2021/2022 als Orchestra in residence der Kronberg Academy, sowie bei den hochkarätigen Konzertreihen auf Schloss Esterházy.
Für die aktuelle Europa-Tournee hat man mit Sir Antonio Pappano einen ähnlichen Glücksgriff getan. Denn das auf dem Papier durchaus als kulinarisch zu bewertende Programm entwickelte sich unter seiner sensiblen Stabführung zu einer Lehrstunde in Sachen Klangkultur. Schon bei Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ tappte Pappano nicht in die übliche Falle des oft falsch verstandenen Impressionismus, sondern zeichnete ein Tongemälde mit scharf umrissenen Konturen. Wobei das transparent aufgefächerte Orchester mit subtilen Nuancen zeigte, wo der Unterschied zwischen sauber abgelieferten Noten und wahrem Musizieren zu verorten ist.
Ähnlich intensiv Antonín Dvořáks kontrastreich gestaltete Serenade op. 22, sowie die als großes Crescendo angelegten „Tänze aus Galánta“ von Zoltán Kodály, bei denen Pappanos effektvolle Interpretation dem Publikum nur wenig Momente zum Luftholen ließ. Überaus feinfühlig zeigten sich Dirigent und Orchester wiederum in Prokofjews erstem Violinkonzert, bei dem Solistin Janine Jansen eine nicht minder fulminante Darbietung ablieferte. Vom Orchester auf Händen getragen, ließ die Geigerin sich gerne auf dieses Spiel der leisen Töne ein. Wobei ihre Stradivari auch in den filigran gesponnenen Piani nie an Wärme verlor und sanft aber bestimmt über dem weich für sie ausgebreiteten Klangteppich schwebte. Daneben wusste Jansen im wild wirbelnden Scherzo aber auch kraftvoll Druck zu machen, wo sie ihren Bogen in geradezu atemberaubendem Tempo über die Saiten fliegen ließ und für diese virtuose Glanzleistung vom Publikum mit jubelnden Ovationen gefeiert.

Tobias Hell03.12.2022, Online-Artikel



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