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Wer im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert die Musikmetropole Wien besuchte, der konnte allerhand erleben. Hier schrieben schließlich Beethoven, Bruckner, Mahler und auch die Zwölftöner um Schönberg mit ihren Werken Musikgeschichte. Wobei es bei den Uraufführungen nicht immer harmonisch abging. Berühmtes Beispiel ist das sog. „Watschenkonzert“ am 31. März 1913, bei dem im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins Arnold Schönberg mit seiner 1. Kammersinfonie entsprechende Tumulte auslöste. Und selbstverständlich waren danach auch die Wiener Zeitungen voll von professionellen Augen- und Zeugenberichten. Überhaupt die Musikkritik. Nicht selten reihten sich die Herren Musikkritiker unverblümt und ohne Samthandschuhe in die Empörung ein und senkten mal pointiert, mal gnadenlos direkt den Daumen. Richard Strauss konnte mit seinem „Rosenkavalier“ ein Lied davon singen. Aber natürlich auch all die anderen ausgewählten Großmeister wie Beethoven, Wagner, Verdi, Bruckner, Mahler und Schönberg, die nun die Hauptrollen in Thomas Leibnitz’ Überblick über spektakuläre „Verrisse“ spielen. Doch der Wiener Musikwissenschaftler Leibnitz reiht hier nicht einfach Anekdote an Anekdote und Zitat an Zitat. Vielmehr beleuchtet er das jeweils gesellschaftlich-politische, aber auch künstlerische Umfeld, in dem Großkritiker wie der legendäre Eduard Hanslick etwa die Wagner-Opern gnadenlos in den Staub trat. Das alles ist äußerst informativ und unterhaltsam geschrieben. Weshalb man Leibnitz eigentlich nur bitten kann, sich bald an eine weitere „Verrisse“-Kollektion zu setzen.
Guido Fischer, 17.12.2022, RONDO Ausgabe 6 / 2022
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