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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Künstlerischer Leiter Claude Frochaux und Geschäftsführer Malte Ruths (c) Francesco Ubertalli

Kammermusikfest Sylt

Im Lichterrausch

In seinem zweiten Jahrzehnt richtet das Festival auf der Nordseeinsel den Fokus auf Skandinavien und das Baltikum.

Aufbruch gen Norden: „Eine neue Festival-Dekade beginnt, in der wir die große nordische Region von Finnland bis Jütland, von Island bis ins Baltikum erkunden wollen“, umreißt Claude Frochaux seine Pläne für 2023. Mögen aktuell auch erst einmal die dunklen Wintermonate ins Land stehen, der künstlerische Leiter des Kammermusikfestes Sylt (KmfSylt) blickt schon jetzt voller Vorfreude auf den kommenden Sommer. 2012 hatte der italienische Cellist gemeinsam mit seinem Architekten-Freund Malte Ruths die Idee, für eine Woche im Juli ihr Lieblingseiland von List bis Hörnum mit Musik zu überziehen – „an ganz unterschiedlichen Orten, die alle ihren eigenen Charakter haben“.
Eine Idee, die aufgegangen ist, wie nicht zuletzt die diesjährigen Zahlen offenbaren: Fast 1200 Besucher und eine Auslastung von 85 Prozent – in seinem Jubiläumssommer brach das Festival alle Publikumsrekorde der vergangenen Dekade. Und das in einer Saison, die ansonsten sehr von der noch immer anhaltenden Corona-Zurückhaltung geprägt war: Während bundesweit kleine wie große Klassik-Festivals und Veranstalter Besucherrückgänge von 20 bis 40 Prozent beklagten, erzielte das KmfSylt neue Spitzenzahlen, waren sogar manche Vormittagskonzerte ausverkauft. Selbst Sylts Bürgermeister Nikolas Häckel sparte denn auch nicht mit Lob: „Hier wird eben keine Musik von der Stange geboten, sondern man hört viel Neues – und das eingebunden in eine große familiäre Note.“
Wohl treffend, wie die Konzerterlebnisse in den Kirchen, Museen und Kontorhäusern der Insel offenbaren, aber auch die Gespräche mit den Musikern: Frochaux gelingt es, mehr als nur eine Zusammenstellung von spannenden Konzerten – nämlich durch die Gegenüberstellung von Klassikern und Moderne – zu kreieren. An Orten, die alle ihren ganz eigenen Charakter haben; in Formen jenseits der üblichen „Schuhkarton“- oder „Weinberg“-Architektur wie bei den „Kammermusik to go“-Shorties in Modeläden und Strandhotels, Ausstellungen im BeachHouse oder Pantomimen-Workshops in den Dünen; und mit Leitthemen, die tatsächlich zwischen den Künsten Brücken bauen.
Für die letzte Juli-Woche im Sommer 2023 soll nun das ganz besondere Licht des Nordens zum allumfassenden Thema werden, das den Bogen über die Musik eines jeden Konzertes zu den begleitenden Gedichten, Geschichten und Erzählungen der nordischen Literatur spannt: Seien es die grün schimmernden Polarlichter, die wohlige Helligkeit der dänischen „Hygge“-Stimmung, die grellen Blitze aus der nordischen Mythologie. Oder eben auch dieses ganz besondere Licht, das sommers gerade im Norden Sylts zu erleben ist und dem Gast eine Ahnung von den weißen Nächten Skandinaviens gibt, wo es in diesen Monaten nie wirklich dunkel wird. Für Dirk Mommertz einer der ganz besonderen Reize, die den Pianisten des Fauré Quartetts seit zehn Jahren jeden Juli wieder für die Festival-Woche auf die Insel zieht: „Wenn man dann oben am Ellenbogen sitzt und in der Dämmerung auf das Meer schaut, ist dort nur Ruhe und alles Weltgeschehen ganz weit weg.“

Das neue Programm für 2023 findet sich ab April auf:
www.kmfsylt.de

Christoph Forsthoff, 10.12.2022, RONDO Ausgabe 6 / 2022



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