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Leoš Janáčeks „Das schlaue Füchslein“ im Theater an der Wien (hier Petit (l.), Huang (r.)) (c) Monika und Karl Forster
Leichte Ermüdungserscheinungen des früher gefeierten Regisseurs Stefan Herheim zeigen sich seit einiger Zeit: in Überrüstung. In Überfütterung der Konzepte also. Leoš Janáčeks herrliche Oper „Das schlaue Füchslein“ lässt er zum Anfang seiner Intendanz am Theater an der Wien in Theaterwerkstätten spielen, in denen die Mitarbeiter sich in Tiere verwandeln, die dann wiederum Menschen spielen. Caesar und Cleopatra, ebenso Madame Butterfly und der Komponist selber schauen auch vorbei, um sich von der merkwürdigen Menagerie ein Bild zu machen. Ein Schlag, tausend Verbindungen. Die Sänger (Jana Kurucová, Mélissa Petit, Milan Siljanov) können es nicht richten. Wenn nicht mal die litauische Dirigentin Giedrė Šlekytė, als ausgewiesene Janáček-Dirigentin, dies Füchslein bändigen kann, so fragt sich, ob dies Stück eine gute Wahl war.
Im Café Imperial, der Wärmestube frühzeitig hochgepushter und vorfristig wieder verloschener Karrieren, denken wir heute über Lauflängen nach. Herbert Blomstedt (95) dirigiert seit rund 70 Jahren. Davon können heutige Shootingstars, so rasch sie steigen und so schnell sie wieder verglühen, wohl nur träumen. „Jetzt weiß ich, wie’s geht, nur jetzt hab’ ich keine Stimme mehr“, sagte einst der große Wiener Tenor Julius Patzak. Und sang trotzdem weiter. „Ich habe vielleicht kein hohes C, singe es aber trotzdem“, so ein weiteres seiner klassischen Bonmots. Patzak rauchte sogar. Wenn man ihn dabei erwischte, sagte er lakonisch: „Ich rauch’ net, i sing mi’ ein.“ Konnten sie länger? Oder ließ man sie länger, und dann machten sie es wieder gut ...?
Mit Gian Carlo Menottis Einakter „Amahl und die nächtlichen Besucher“ will Stefan Herheim es nochmal wissen, und eröffnet damit eine Serie von „Familienopern“ (Theater an der Wien im Museumsquartier, ab 15.12.). Bei Offenbachs „La Périchole“ vertraut er indes vorsichtshalber auf Puppenmann Nikolaus Habjan; bei dem man ja irgendwie weiß, was man hat (ab 16.1.). Die Volksoper wagt sich nach der teuflisch schweren „Dreigroschenoper“ (ab 27.11.) an den ebenso schwierigen „Orpheus in der Unterwelt“ – wofür allerdings Spymonkey, „Großbritanniens führendes Ensemble für Physical-Comedy“, den Kopf hinhält (21.1.). Der frischwärts halb gescheiterte (wenn nicht gechasste) Philippe Jordan kommt an der Wiener Staatsoper auf seinen Bayreuth-Erfolg mit Wagners „Meistersingern“ zurück – und dirigiert die Neuinszenierung des schon halb vergessen gewesenen Keith Warner (mit alten Bekannten wie Michael Volle und Georg Zeppenfeld, ab 4.12.). Danach macht er sich über eine neue „Salome“ her (immerhin mit Malin Byström, ab 2.2.). Im Wiener Konzerthaus pokert Paavo Järvi hoch und gibt Haydn als „The Shakespeare of Music“ aus; so blutig allerdings war der nicht, nicht mal in der Sinfonie „Mit dem Paukenwirbel“ (4.12.). Maxim Vengerov ist wieder da und wagt sich an Prokofjews 1. Violinkonzert (8.12.). Steilaufsteiger Klaus Mäkelä gibt sich weiterhin bei den Wiener Symphonikern die Ehre (mit Sibelius, 30./31.12., 1.1.). Im Musikverein darf Jabub Hrůša (verdientermaßen) die Wiener Philharmoniker dirigieren – mit Rachmaninows „Rach 3“ (mit Evgeny Kissin am Klavier) und Lutosławski (26./27., 30.11.). Das Neujahrskonzert wird diesmal von dem eigentlich nicht als Spaßbombe verschrieenen Franz Welser-Möst geleitet (ab 30.12.). Beim RSO setzt sich Marin Alsop für große amerikanische Werke von Samuel Barber, Christopher Rouse und John Adams ein (4.12.). Renée Fleming hat Kissin dazu überredet, sie am Klavier zu begleiten (12.1.). Und Mikhail Pletnev kehrt ans Klavier zurück (4.2.). Ober, zahlen!
Robert Fraunholzer, 03.12.2022, RONDO Ausgabe 6 / 2022
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