Startseite · Medien · Unterm Strich
Manchmal taucht sie noch, wie ein Gespenst, im Nebensatz auf: die legendäre Pianistin Frieda Elise Hodapp, verheiratete Kwast. Neulich zum Beispiel, im Programmheft der Berliner Philharmoniker. Die wagten sich an das f-Moll-Klavierkonzert von Max Reger, mit Marek Janowski am Pult und Marc-André Hamelin am Flügel, der dieses spätestromantische Wunderwerk fulminant über die Rampe brachte. Frieda Kwast-Hodapp, die es anno 1910 uraufgeführt hatte, sei, so hieß es dazu, seinerzeit die „bevorzugte Beethoven- und Brahms-Interpretin in den Konzerten von Arthur Nikisch bis Wilhelm Furtwängler“ gewesen. Und: „Sie muss über eine enorme ‚Pranke‘ verfügt haben, sonst wäre sie an Regers kraftstrotzendem Solopart unweigerlich gescheitert.“ Ja, hatte sie. Sogar noch im Alter. Davon zeugt das sensationelle Doppelalbum „German Radio Recordings 1948“ (Meloclassic/Danacord), das wieder aufgefundene Masterbänder präsentiert. Bislang gab es nur eine einzige Aufnahme (Scarlatti, Bach) mit Kwast-Hodapp. 1948, ein Jahr vor ihrem Tod, spielte sie dann für den RIAS besagtes Regerkonzert ein, live im Titania-Palast – eine Super-Pranke! Dazu Klavierstücke von Fortner, Skrjabin und Bach nebst Beethovens Hammerklaviersonate. Sie hatte da bereits mehr als elf Jahre lang pausiert, es sind ein paar Patzer zu hören. Aber auch toller Drive, starke Akzente, eine schlanke, unpompöse Diktion sowie Reste von kühl servierter Virtuosenbrillanz. Kwast-Hodapp war alles andere als eine zweite Elly Ney! Bevor sie selbst 1931 ihre Karriere abrupt beendete, hatte sie in ganz Europa konzertiert, mit Mengelberg, Busoni, Klemperer, Scherchen, Walter, Schuricht, Blech u.v.a.m. Ihr Comeback nach 1941/42 kam nie richtig in Gang. Wer nun, wie Wikipedia suggeriert, Kwast-Hodapp in Nazi-Nähe schiebt, der sollte unbedingt die Recherche von Michael Waiblinger im Booklet lesen.
Meloclassic/Danacord
Der Hype um Hans Rott, der mit fünfundzwanzig Jahren im Irrenhaus starb, zuvor jedoch eine Sinfonie komponiert hatte, nach deren Wiederentdeckung man meinte, die Musikgeschichte neu schreiben zu müssen, ist noch nicht vorbei. Elf wunderschön musizierte Aufnahmen dieser zwischen Mahler und Bruckner zu verortenden E-Dur-Sinfonie von 1880 gibt es schon, jetzt legen die Bamberger Symphoniker mit Jakub Hrůša die zwölfte vor (DG/Universal). Wunderschön musiziert. Neu ist, dass Hrůša beim Gelblabel gelandet ist. Seltsam, dass er im Booklet berichtet, er habe die Partitur im Bett studiert, kurz vorm Einschlafen.
DG/Universal
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Vielleicht sollte man große Musiker nicht dazu nötigen, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Auch Christian Thielemann erzählt sich gern um Kopf und Kragen. Er sei, zum Beispiel, nachdem er Bruckners Fünfte erstmals gehört habe – natürlich von Karajan dirigiert – raus „auf den Parkplatz“ getaumelt, „benebelt von dem Choral“. Der Nebel hat sich gottlob gelichtet. Luzide, durchsichtig tönt die Sinfonie B-Dur von Anton Bruckner, die Thielemann mit den Wiener Philharmonikern für die neue Gesamtaufnahme erarbeitet hat (Sony). Eine dynamisch ausdifferenzierte, federnde Leichtigkeit, das ist die Stärke dieser Lesart.
Sony
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Der Begriff „Klaviertrio“ bezeichnet einerseits die Besetzung, andererseits die Gattung. Erstere ist pragmatisch definiert. Letztere historisch so diffus, dass es fraglich ist, ob der schmale Fundus der dem Klaviertrio zugeschlagenen Werke überhaupt einem Gattungsbegriff subsumiert werden kann. Das Trio Adorno hat drei Stücke zusammengespannt, aus drei Jahrhunderten, die nicht zusammenpassen, aber alle drei selten gespielt werden. „In the Shadow“ heißt ihr neues Album (Arcantus/ Klassik Center). Das unvollendet hinterlassene Trio d-Moll KV 442 von Mozart, zu Ende geschrieben von seinem Schüler Abbé Stadler, steht neben dem munter verspielten letzten C-Dur-Trio von Bohuslav Martinů wie ein Irrtum. Auch das komplexe c-Moll-Trio op. 66 von Mendelssohn Bartholdy ist ein Unikat, mit Choralvariationen im Finale. Doch allemal hat das Klavier die Hosen an in dieser Formation.
Arcantus/Klassik Center
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Eleonore Büning, 22.10.2022, RONDO Ausgabe 5 / 2022
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Alexander Skrjabins frühe Werke sind in ihrer Tonsprache noch stark von Chopin und Liszt beeinflusst. Die Préludes op. 13, zeigen deutliche Bezüge zu Chopin, aber auch eine visionäre Originalität, die seine zukünftige Modernität vorwegnimmt. In der berühmten Étude in cis-Moll hört man komplexe Harmonien, während die epische Leidenschaft der Fantasie in h-Moll bereits den kompositorischen Fortschritt andeutet. Die italienische Pianistin Daniela Roma hat in ihrem Heimatland und den […] mehr