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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Startseite · Oper & Konzert · Café Imperial

Carl Millöckers „Die Dubarry“ an der Volksoper Wien (hier: Dasch, Schmidt, Ensemble) (c) Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Café Imperial

Unser Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer

Wie, bitte schön, soll man die berühmte Wiener Volksoper reloaden, wenn der GMD sich raushält und man zuvor nur wenig ‚leichte Muse‘ gemacht hat? Vor dieses Problem gestellt, hatte Intendantin Lotte de Beer den genialen Einfall, als König und Komiker ihrer Eröffnungsproduktion, Carl Millöckers „Die Dubarry“, den TV-Entertainer und Kabarettisten Harald Schmidt zu besetzen. Nunmehr hängt die halbe Miete nur noch davon ab, ob Schmidts Witze zünden. Und darauf, tatsächlich, ist Verlass. In Jan ­Philipp Glogers Inszenierung darf Annette Dasch in der Titelrolle berlinern. Als Dekonstruktion altwiener Operettenseligkeit aber wirkt der Abend trotzdem leicht aufgesetzt. Reicht eben doch nicht, ‚nach Aktenlage‘ zu besetzen, also mit bekannten Namen. Die Volksoper, bei unklarem Kurs, trudelt schon.

Im Café Imperial, dem musikmedizinischen Wartezimmer vor der Vorstellung, denken wir heute über Kuren, auch innere, nach. Nicht zu Unrecht gilt Musik als lebensverlängernd. Der Pianist Murray Perahia, der viele Jahre lang unter einem entzündeten Finger litt, schrieb seine Gesundung Johann Sebastian Bach zu. Auch Claudio Abbado, nach seiner schweren Magenkrebs-Operation, erholte sich staunenswert, wegen, wie er meinte, der Musik. Daran wollen wir uns halten, wenn die Grippesaison naht und der Corona-Winter uns fürchten macht. Nichts Schlimmeres wäre denkbar, als sich ausgerechnet jetzt Musik abzugewöhnen. Auch wichtig: „Wenn es etwas gibt, was noch schwieriger ist, als sich an eine ärztliche Vorschrift zu halten, dann dieses, sie nicht anderen aufzudrängen”, sagt Proust. Das Gute an musikalischen Darbietungen ist, dass sie fast immer schon vorbei sind, bevor man sie andern empfehlen kann. Und wenn nicht, kommt die eigene Vorstellung doch nicht ran.

Besagte Volksoper wagt sich an eine neue „Dreigroschenoper“, ‚crossbesetzt‘ mit einem weiblichen Mackie Messer (Sona MacDonald) und Oliver Liebl als Jenny (ab 27.11.) Ein schweres Stück, wir wünschen: Glückauf! Die Wiener Staatsoper, wegen „Dornröschen“-Premiere ohne neue Oper, liefert Altbewährtes von „Tosca“ über „Werther“ bis zu (immerhin:) Hindemiths „Cardillac“. Im Theater an der Wien (Ausweichspielstätte wegen Renovierung: das Museumsquartier) inszeniert der lustige Tobias Kratzer. Für seinen „Tannhäuser“ in Bayreuth bekam er die vermutlich meisten Lacher in der Geschichte der Wagner-Festspiele. Für Wien macht er sich über Rossinis „La gazza ladra“ her (mit Maxim Mironov und Nino Machaidze, ab 18.11.). Das könnte gut gehen.

Im Wiener Musikverein spielen Marc-André Hamelin (19.10.) und das gern unterschätzte Wiener Johann Strauß Orchester (nicht zu verwechseln mit dem berüchtigten Wiener Mozart Orchester) (26.10.). Das Emerson String Quartet befindet sich auf Abschiedstournee (6.11.). Joana Mallwitz kommt mit dem Mahler Chamber Orchestra vorbei (8.11.). Die Wiener Symphoniker haben sich den Broadway-Komponisten Frank Wildhorn eingeladen (3.11.) sowie Philippe Herreweghe (9./10.11). Sowie Marc Minkowski, diesen aber ins Wiener Konzerthaus (14./16.10.). Auch wer die Wiener Philharmoniker hören will, muss aktuell ins Konzerthaus kommen (mit Zubin Mehta und Daniel Barenboim als Solist, 13.11.). Der gepriesene Klaus Mäkelä führt hierher sein Oslo Philharmonic aus (20.11.). Auch Masaaki Suzuki dirigiert, und zwar Bach-Kantaten (2.11.). Piotr Beczała singt (24.11.). Und schließlich erwartet man Jazz-Meisterin Melody Gardot (30./31.10.). Noch was gefällig? Im Konzertsaal der Wiener Sängerknaben, dem MuTh, spielt das vorzügliche Minetti Quartett Mozart, Tröndle und Kreisler (18.10.). Tut gut. Ober, zahlen!

Robert Fraunholzer, 22.10.2022, RONDO Ausgabe 5 / 2022



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