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(c) Neda Navaee
„Once upon a Time“ hieß ihr Debüt-Album. Anders als der Titel vermuten ließe, findet sich darauf allerdings kein Soundtrack für einen Italo-Western, sondern raffinierte Klaviertranskriptionen russischer Ballettmusik: Prokofjews Stücke aus „Romeo und Julia“, Strawinskis „Petruschka“ und Tschaikowskis „Der Nussknacker“ in der brillanten Klavierfassung von Mikhail Pletnev. Esther Birringer zeigt sich hier als eine Pianistin mit hohem pianistischem Können und einem sicheren Gespür für die unterschiedlichsten musikalischen Charaktere.
Geboren wurde sie 1983 im saarländischen Städtchen Quierschied. Bereits mit drei Jahren erhielt sie ihren ersten Klavierunterricht, sechsjährig gab sie ihr Orchesterdebüt mit Joseph Haydns elftem Klavierkonzert. Nach dem Abitur studierte sie zunächst beim legendären Klavierpädagogen Karl-Heinz Kämmerling in Hannover, später folgten Studien bei Pascal Devoyon und dem „Pianistenmacher“ Arie Vardi in Hannover. Esther Birringer gewann eine Vielzahl von Auszeichnungen, unter anderem den ersten Preis beim Internationalen Bach-Wettbewerb in Würzburg. Sie ist seit vielen Jahren bei Festivals und Kammermusikreihen zu Gast, immer wieder auch im Duo mit ihrer Schwester, der Geigerin Lea Birringer.
Der saarländischen Pianistin war klar, dass als zweite CD-Veröffentlichung auf jeden Fall ein Debussy-Album folgen sollte. Schon in jungen Jahren hörte sie die berühmten Aufnahmen der „Images“ und „Préludes“ des italienischen Meisterpianisten Arturo Benedetti Michelangeli. „Debussy hat mich von jeher fasziniert,” erzählt sie. „Als Kind habe ich seine Werke zwar nicht wirklich verstanden, doch wenn ich seine Musik gehört habe, stellte sich immer so ein Gefühl von Zeitlosigkeit ein. Das hat mich begeistert.“ Bei der Werkauswahl für das Album, war es Esther Birringer wichtig, nicht nur auf die berühmten Stücke zurückzugreifen wie die „Images“, die „Arabesken“ und die turbulente „Isle joyeuse“, sondern diese auch mit Kompositionen zu ergänzen, wie der „Ballade“ oder der „Nocturne“, die zwar hohe Qualität haben, jedoch nur selten gespielt werden.
Einige Interpreten, wie der bereits erwähnte Arturo Benedetti Michelangeli, gestalten Debussys Werke eher emotional distanziert. Naturszenen à la „Reflets dans l’eau“ wirken dann wie durch Kristallglas beobachtet: edel, aber kühl. Esther Birringer hingegen spielt Debussy mit viel Wärme im Ton. Auch ihre agogische Gestaltung überzeugt, da sie alle Tempoänderungen sehr organisch vornimmt, etwa in den Eröffnungsakkorden von „Reflets dans l’eau“, die sie weniger hektisch im Tempo steigert als ihr Vorbild Benedetti Michelangeli. Auch das flott bewegte Image „Mouvement“ klingt unter ihren Händen weniger motorisch-maschinenhaft als beim italienischen Altmeister. Die Saarländerin scheut sich auch nicht, kraftvoll zuzupacken, etwa in „L’Isle joyeuse“ oder den „Poissons d’or“. Dass sie zudem eine poetische Seite hat, beweist sie im berühmten „Clair de lune“ und dem wunderbaren „Nocturne“. Fazit: Ein gelungenes Debussy-Album, von einer interessanten Pianistin, die definitiv Aufmerksamkeit verdient.
Rubicon/hm-Bertus
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