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(c) Dovile Sermokas/Sony Music Entertainment
Wenn man junge Pianisten fragt, welche der großen Pianisten sie für ihr Mozart-Spiel schätzen, so wird man ganz unterschiedliche Antworten bekommen. Die einen werden Friedrich Gulda nennen, den Rhythmiker unter den Mozart-Interpreten. Andere werden auf die klangschönen Einspielungen von Murray Perahia verweisen, und wieder andere werden einen historisch informierten Fortepiano-Spieler wie den Südafrikaner Kristian Bezuidenhout favorisieren.
Kaum jemand wird hingegen auf die Mozart-Deutungen des alten Vladimir Horowitz zu sprechen kommen. Dessen Mozart sei zu romantisch. Horowitz verzerre den Rhythmus und spiele zu viel Pedal, wird da kritisiert. Dabei wird oft übersehen, mit welcher Klangkultur der 80-jährige Russe Mozart darbietet, und welche Mittelstimmen er entdeckt, die viele seiner Kollegen gar nicht wahrnehmen. Ein junger Pianist, der den besonderen Zauber von Horowitz’ Mozart-Spiel erkannte, ist der Japaner Mao Fujita. Er wurde 1998 in Tokio geboren, hatte seine ersten Klavierstunden bereits mit drei Jahren und besuchte die Highschool des Tokyo College of Music. Seit 2019 ist er Sonderstipendiat im Studienbereich Konzertfach für besonders talentierte Studenten am Tokyo College of Music.
2017 gewann Fujita den renommierten Clara-Haskil-Wettbewerb in der Schweiz, und 2019 wurde er mit dem zweiten Preis beim nicht minder angesehenen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau ausgezeichnet. Dabei hatte seine überragende Interpretation von Mozarts C-Dur-Sonate KV 330 maßgeblich zu seinem Sieg beigetragen, die hatte er auch über Horowitz’ Aufnahme kennengelernt. Anschließend standen ihm die internationalen Podien offen. Fujita gab sein Orchesterdebüt mit dem Royal Philharmonic Orchestra, er spielte mit dem Philharmonischen Orchester Israel und dem Orchester des Teatro alla Scala unter Dirigenten wie Vasily Petrenko, Christoph Eschenbach und Riccardo Chailly, parallel dazu entstanden erste CD-Veröffentlichungen mit Werken von Beethoven, Chopin und Paderewski. Nach seinem aufsehenerregenden Solo-Debüt 2021 beim Verbier Festival, bei dem er alle Sonaten von Mozart spielte, unterzeichnete er einen Exklusivvertrag bei einem Major-Label. Soeben hat er dort ebenfalls sämtliche Mozart-Sonaten veröffentlicht. Fujita nähert sich ihnen mit wunderbar rundem, sehr gesanglichem Ton. Manchmal spielt er Begleitfiguren im Staccato, das macht sein Spiel sehr durchsichtig. Doch wo Mozart kraftvollen Einsatz verlangt, weiß er auch zuzupacken. So spielt er im berühmten „Rondo alla turca“ die Vorschläge so schmissig, dass man die Becken eines türkischen Militärorchesters zu hören glaubt.
Fujita geht davon aus, dass Mozart seine Musik oft nicht vollständig notiert hat. Wenn er seine Stücke öffentlich spielte, so habe er viele Stellen ausgeziert und einzelne Passagen auch improvisiert. Deshalb hat sich der japanische Pianist dazu entschieden, ebenfalls einige Verzierungen zu Mozarts Notentext hinzuzufügen. „Denn wenn ich mich in Mozarts Sonaten nur nach dem richte, was er geschrieben hat, dann ist das ziemlich langweilig.“
Sony (5 CDs)
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