home

N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Interview · Zugabe

Dirigent Giovanni Antonini (c) Kemal-Mehmet Girgin

Zugabe

Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne

Der italienische Dirigent Giovanni Antonini glaubt an einen Zusammenhang zwischen italienischer Musik und italienischer Küche. „Typisch italienisch ist es, mit einfachen Bestandteilen zu arbeiten, die im Ergebnis erkennbar bleiben“, sagte er in Mailand. Genau dies verbinde die italienische Küche mit der italienischen Musik. „Der ‚Begründer‘ der italienischen Kochkunst, Pellegrino Artusi, wollte mit seiner Schrift ‚La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene‘ (Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens, 1891) einen Beitrag zur politischen Einheit Italiens liefern. Deswegen war es sinnvoll, dass die Rezepte einfach bleiben. Alles basiert auf gutem Öl.“

Die russische Pianistin Yulianna ­Avdeeva hält Klavierabende für keine einsame Angelegenheit. „Der Flügel ist ja da“, sagte sie zu Hause in München. „Flügel sind eigentümliche Wesen, die einen Charakter haben. Einige haben einen schlechteren, mit denen versteht man sich dann weniger gut.“ Instrumente, die sie bereits kenne, begrüße sie als alte Freunde. „Ich sage dann: ‚Freut mich, dich wiederzusehen!‘”

Der Wiener Bariton Georg Nigl meint, dass man Franz Schubert anders singt, wenn man viel Neue Musik aufgeführt und uraufgeführt hat. „Erst bei lebenden Komponisten habe ich gelernt, dass auch Genies ganz normale Leute sind. Sie wünschen sich zum Beispiel keinen devoten, sondern einen schöpferischen Umgang mit ihren Werken.“ Demut und all das seien Vorstellungen des 19. Jahrhunderts, die es auch zu hinterfragen gelte, so Nigl in seiner Wohnung im Wiener Alsergrund. Wolfgang Rihm etwa „sagt immer: ‚It’s All Yours‘. Das bedeutet beinahe: ‚Mach was draus!‘ Diese Einstellung, welche eine größere Freiheit für den Interpreten mit sich bringt, sollten wir mehr bedenken.“

Pablo Heras-Casado, spanischer Dirigent mit Wohnsitz in Granada, hält die Augen für die wichtigsten Körperteile des Dirigenten – für die Orchestermusiker. „Ich könnte mir nicht vorstellen, so wie Herbert von Karajan, mit geschlossenen Augen zu dirigieren.“ Für das Publikum dagegen sei „der Rücken“ des Dirigenten der wichtigste Körperteil. „Ich trage deswegen keinen Frack“, so Heras-Casado, „denn er fühlt sich für mich altmodisch an. Fräcke, denke ich, sind ratsam nur für übergewichtige Dirigenten.“ Von seiner Ehefrau, der Fernsehmoderatorin Anne Igartiburu, hat sich Heras-Casado, wie er am Rande des Interviews erklärte, kürzlich getrennt.

Die russische Sopranistin Olga Peretyatko fürchtet sich nicht vor hohen Tönen. „Ich habe diese Angst nicht, aber ich würde andererseits auch nie Blondchen in der ‚Entführung aus dem Serail‘ singen, wo man ein hohes E braucht. Mein letztes hohes E habe ich 2013 gesungen. Das hat mir gereicht.“

Countertenor Philippe Jaroussky kommt nach Konzerten „fast nie vor drei Uhr morgens“ ins Bett. „Und dabei soll man doch immerfort vorsichtig sein und auf die Stimme achten. Das ist echter Stress.“ Er versuche sich deswegen immer einzureden, eine Absage würde nicht das Ende der Welt bedeuten. „Aber ich muss zugeben: Ich singe, wie viele Sänger, lieber ein Konzert, mit dem ich unzufrieden bin – als gar kein Konzert.“ Er wolle noch maximal zehn weitere Jahre auf der Bühne stehen, so Jaroussky, werde sich aber zunehmend aufs Dirigieren verlegen – und kaum noch singen.

Der isländische Pianist Víkingur ­Ólafsson findet nicht, dass er ein Pop-Image hat. „Zugeben würde ich, dass ich kein richtiges Klassik-Image habe“, so Víkingur in seiner Heimatstadt Reykjavík. „Es liegt daran, dass ich einen eigenen Fotografen beschäftige. Ich gestalte auch die Alben-Cover mit und lege großen Wert auf das optische Erscheinungsbild des Ganzen. Im Pop-Bereich aber würde ich gewiss anders aussehen.“ Aber wie?! „Schauen Sie mich an. Irgendwie glamouröser.“

Robert Fraunholzer, 24.09.2022, RONDO Ausgabe 4 / 2022



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Bücher

Bücher

Callas – Gesichter eines Mediums

Attila […]
zum Artikel

Gefragt

Lautten Compagney

Rosenkranz-Tango

Erneut versöhnt das Ensemble rund um Wolfgang Katschner zwei gegensätzliche Sphären der Musik […]
zum Artikel

Hörtest

Britten „War Requiem“

Diese oratorische Totenmesse von 1962 war Brit­tens durchschlagendster Erfolg. Er verwandelt […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Der Komponist Giacomo Orefice (1865–1922) wuchs in einer jüdischen Familie im norditalienischen Vicenza auf und ist vor allem für sein Opernschaffen bekannt. Auch als Pädagoge macht er sich einen Namen, sein berühmtester Schüler war der Filmkomponist Nino Rota. Orefices bekanntestes Musiktheaterwerk ist „Chopin“, für das er die Klavierwerke des polnischen Komponisten orchestrierte. Seine eigene Klaviermusik umfasst überwiegend romantische Charakterstücke, die von Gedichten, […] mehr


Abo

Top