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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Zugabe

Birgit Nilsson wird zum Geldschein. Die Wagner-Heroine wird von der schwedischen Reichsbank mit einem 500 Kronen-Schein gewürdigt, der ihr Konterfei trägt. Sie ist damit die höchstdotierte Kulturschaffende, der diese Ehre zuteil wird. Greta Garbo kommt auf den 100 Kronen-Schein (findet dafür aber stärkere Verbreitung), Astrid Lindgren hat es auf den 20 Kronen-Schein geschafft.
Orgel-Star Cameron Carpenter will mit einer millionenschweren Touring-Orgel ab kommenden Jahr eine Revolution des Orgelkonzerts einleiten. Das für ihn gebaute, mobile und von einem schweren Truck transportierte Monumentalinstrument hat den Vorteil genau vorausplanbarer Klangbedingungen. Der Organist, der gerne mit grellem Make-up, in Pailletten und sogar im Kleid auftritt, will außerdem mehr Mode im Konzert zeigen. In der Organisten-Szene seien bekannte Künstler kaum noch vorgesehen. »Viele Kollegen misstrauen mir.« Auch deswegen gehe er vor jedem Konzert durchs Publikum, um alle persönlich zu begrüßen und zu schauen, wer da ist.
Der peruanische Tenor Juan Diego Flórez ist Vater geworden. Sohn Leandro wog bei der Hausgeburt in Manhattan 3,77 Kilogramm. Die Mutter ist das deutsche Model Julia Trappe. Gleichfalls in den USA wurde Gustavo Dudamel, der aus Venezuela stammende Dirigent, Vater. Seine Ehefrau Eloisa Maturén brachte den 3,1 Kilogramm schweren Sohn Martín zur Welt.
Die deutsche Geigerin Isabelle Faust ist seit der günstigen Entwicklung ihrer Karriere (mit Gastspielen bei den Berliner Philharmonkern unter Claudio Abbado und prestigereichen CD-Projekten) durchaus teurer geworden. »Ein bisschen schon«, bestätigte sie eine entsprechende Frage in Berlin. »Das Doppelte zu verlangen, würde ich mir nicht trauen. So viel Moralbewusstsein habe ich noch!« Auf die Frage, ob man sich auf die Konkurrenz einer Vorgängerin wie Anne-Sophie Mutter produktiv einlassen könne, sagte sie: »Früher war Anne-Sophie Mutter mein Vorbild. Heute habe ich das Gefühl, dass sie in einer Nische für sich selber ist. Sie bewahrt ein Startum früherer Zeiten, das wir Jüngeren niemals kennengelernt haben. Ich empfinde sie mittlerweile ein bisschen wie außer Konkurrenz.«
Munter dreht sich das Firmen-Karussell. Nachdem die Deutsche Grammophon die Geigerin Lisa Bathiashvili von der Sony weggelockt hatte, revanchiert man sich dort durch Verpflichtung des Emerson String Quartetts. Gleichfalls zur Sony wechselt der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes, bislang bei EMI unter Vertrag. Um den boomenden Markt in Südkorea besser zu bedienen, hat die Deutsche Grammophon einen Vertrag mit dem Seoul Philharmonic Orchestra unter Myung-Whun Chung geschlossen. Südkorea, wo allein in der Hauptstadt 18 Orchester residieren, gilt als Zukunftsmarkt der Klassik par excellence.
Der sizilianische Tenor Vincenzo La Scola, bekannt geworden als Radames in Nikolaus Harnoncourts Gesamtaufnahme von Verdis »Aida«, ist mit 53 Jahren überraschend gestorben. Am 15. April 2011 erlag er in der Türkei, wo er einen Meisterkurs gab, einem Herzinfarkt. Der amerikanische Dirigent Kent Nagano hat mit dem Klischee aufgeräumt, dass sein Lehrer, der Komponist Olivier Messiaen, sich in der Tradition Anton Bruckners gesehen habe. »Beide waren auch Organisten. Und beide waren tief religiös. Trotzdem hatte Messiaen wenig Verständnis für die Musik Bruckners. Er bevorzugte Wagner!« Nach Ärger in München steht Nagano vor einer Art Neuanfang in seiner Karriere. »Meine Freundschaft mit Wolfgang Sawallisch in München entstand nicht zuletzt aus dem Wunsch, genauer Bescheid zu wissen über die Tradition des Hauses.« Nach Spannungen zwischen Nagano und dem Münchner Intendanten Nikolaus Bachler muss der Dirigent ab 2013 Platz machen für seinen Nachfolger Kirill Petrenko. Bassbariton-Legende José van Dam sieht den Grund für die dramatisch verkürzten Sänger-Karrieren heute in der Selbstüberschätzung junger Sänger. »Wenn man jung ist, glaubt man, dass man alles kann. Denn man kann es wirklich!«, so van Dam bei einer Rückkehr an seine frühere Wirkungsstätte Berlin. »Nur die Rechnung kommt hinterher. Erst später zahlt man dafür, dass man sich unmerklich überanstrengt hat.« Van Dam, dessen offizielle Bühnenkarriere im Jahr 2010 in Brüssel mit Massenets »Don Quichotte « endete, blickt auf eine 50-jährige Bühnenkarriere zurück. Im Sommer steht er in »Ariane et Barbe-bleu« wieder auf der Bühne – als Blaubart in Barcelona.
Regisseurin Andrea Breth wählt ihre Angebote streng nach den Bedingungen des jeweiligen Hauses aus. »Ich mache keine Auftragsarbeiten und verlange sieben Wochen Probenzeit. Viele Kollegen begnügen sich mit vier«, so die 58-Jährige am Rande ihrer »Wozzeck«-Inszenierung in Berlin. Dagegen übte sie harsche Kritik an der Eintrittspolitik der Berliner Staatsoper. »Die Preise hier, wissen Sie, die möchte ich Ihnen gar nicht sagen! Ehrlich gesagt, ich würde das auch nicht bezahlen.« Tickets für die Oster-«Festtage« kosten 260 Euro abwärts.

Robert Fraunholzer, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 3 / 2011



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