Gute Zeiten für Raritätensammler: Bei drei der vier hier vorgestellten Opern handelt es sich um Ersteinspielungen. Der einzige einigen vielleicht bekannte Kandidat ist Telemanns »Orpheus«, den René Jacobs 1994 für Berlin wiederentdeckt und später auch aufgenommen hat, die Einspielung ist jedoch mittlerweile gestrichen. Was bedauerlich ist, denn bei Jacobs erklang das Werk vollständig, Michi Gaigg hat es um über eine halbe Stunde gekürzt. Ob der Einförmigkeit, mit der sie zu Werke geht, frage ich mich allerdings, ob sie uns damit nicht einen Gefallen getan hat. So brav und bieder wie hier präsentiert ist dieser »Orpheus« nämlich nicht, nur weckt die Dirigentin wenig Interesse für das Werk – seine Schönheiten erschließen sich dem Hörer nur bei Jacobs’ viel farbigerer und abwechslungsreicherer Version. Aushängeschild dieser neuen Produktion ist Dorothee Mields, eine technisch enorm sichere Sopranistin, die aber vor allem Wohlanständigkeit verbreitet – und gerade das, wohlanständig nämlich, sind Orasias Gedanken und Taten ganz und gar nicht. (dhm/Sony 88697 805972)
Zum 250. Geburtstag des Komponisten wurde Johann Rudolph Zumsteegs Oper »Die Geisterinsel« wiederbelebt. Dem Mozart-Zeitgenossen war gewiss nicht dessen Genie in die Wiege gelegt worden, doch ist seine Adaption von Shakespeares »Der Sturm« eine sehr hübsche Oper mit dankbaren Gesangspartien und großangelegten Finali, die nach der Uraufführung 1798 20 Jahre lang höchst erfolgreich war, bevor sie in Vergessenheit geriet. Die Sänger sind durch die Bank gut, einige sogar exzellent, zu ihnen gehören der lyrische Tenor Benjamin Hulett sowie die beiden Sopranistinnen Christiane Karg und die höhensichere, agile Andrea Lauren Brown. Die Hofkapelle Stuttgart ist mit Schwung und Spielfreude bei der Sache, Frieder Bernius leitet mit erfahrener Hand, dürfte aber hier und da stärkere Akzente setzen. (Carus/Note 1 CAR83229)
Mit Bernd Weikl hat sich das Staatstheater Braunschweig ein gutes Zugpferd für seine Hommage an Louis Spohr, den großen Sohn der Stadt, gesichert, als es vor zwei Jahren »Der Alchymist« ausgegraben hat. Der 67-jährige Stargast in der Titelrolle präsentiert sich in erstaunlicher vokaler Verfassung, da muss man so gut wie keine Abstriche machen – toll! Auf der vokalen Habenseite dieses Live-Mitschnitts finden sich außerdem die im Timbre an Ileana Cotrubas erinnernde Moran Abouloff und der nach wie vor verlässliche, in der Höhe mittlerweile allerdings etwas angestrengte lyrische Tenor von Jörg Dürmüller. Der eigentlich sichere Jan Zinkler dunkelt seinen Bariton mit Druck ein, wodurch er gaumig und unfrei klingt. Ziemlich unschön wird die mit nur geringer Höhe ausgestattete Soubrettenstimme von Susanne Pütters, sobald es nach oben geht, auch Koloraturen sind ihre Sache nicht. Das Staatsorchester Braunschweig unter Christian Fröhlich beweist, dass es nicht nur an den ersten Häusern gute Klangkörper gibt. (Oehms/harmonia mundi OC 923)
Kaum jemand wird wohl den Namen Lauro Rossi noch eines seiner Werke je gehört haben. Seine 1876 uraufgeführte »Cleopatra« ist eine typische Primadonnen- Oper des 19. Jahrhunderts, genau das Repertoire, in dem Dimitra Theodossiou zu Hause ist. In diesem Mitschnitt aus Macerata führt sie ihre große Stimme nicht immer ausgeglichen genug, gute und sichere Passagen wechseln sich mit nicht ausreichend kontrollierten ab, doch spricht einen die Sängerin ob ihres Einsatzes und ihrer Leidenschaft unmittelbar an, langweilig ist sie in keinem Moment, in ihrem vokalen wie gestalterischen Zugriff durchaus mit Leyla Gencer vergleichbar. (Naxos 866029192)
Michael Blümke, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 3 / 2011
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