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(c) Monika Rittershaus
Nach 337 Jahren – endlich verjüngt. Die Figur der Emilia Marty in Leoš Janáčeks „Věc Makropulos“ wird gern als Rückzugsrolle für Diven im Herbst ihrer Karriere herangezogen. Der verzackte und verkräuselte Spätstil Janáčeks, der kaum noch ausschwingende Melodien kennt, scheint sich besonders anzubieten. So fand früher Anja Silja hier eine ihrer besten Rollen (ähnlich Evelyn Herlitzius, Gabriele Schnaut und andere Wagner-Heroinen). Jetzt nun wird die Rolle der Untoten, die vom Leben nicht lassen kann, fast erstmalig mit einer Sängerin im jugendlichen Saft ihrer besten Fähigkeiten besetzt. Marlis Petersen, der ehemals besten Lulu ihrer Generation, gelingt an der Berliner Staatsoper ein Triumph. Sie hat reelle Chancen, zum fünften Mal „Sängerin des Jahres“ zu werden.
Regisseur Claus Guth sieht die Hauptfigur in einer Situation des existenziellen Burnouts. Bühnenbildner Etienne Pluss hat einen klinisch weißen, neonbeleuchteten und benebelten Laborraum für die Protagonistin reserviert – halb Gummizelle, halb Nosferatu-Sarg. Hier regeneriert sich Emilia Marty nicht, sondern schrumpft zur Greisin zusammen, die sie innerlich vielleicht ist. Manchmal wird’s prätentiös: wenn aus der Erde Nabelschnüre wie Nornenfäden gezogen werden. David Lynch-Symbolfiguren schwanken (wie bei Guth üblich) über die Bühne. Auch hat die Stück-Vorlage von Karel Čapek weniger mit Groteske zu tun als Guth glaubt; mehr mit schwarzer Magie à la Gustav Meyrink und Leo Perutz. Tut nichts, hier ist eine suggestive, ansehnliche Inszenierung gelungen.
Simon Rattle wählt eine anfangs flächige, verwaschene Klangsprache, als sei’s Debussy. Den 3. Akt aber, wo sich im Angesicht des Todes das Ganze lichtet, kriegt er sehr schön hin. Ein tolles Ensemble kann unter anderem auf Bo Skovhus als alternden Lüstling Jaroslav Prus zählen. Wenn am Schluss Marlis Petersen mit Kunstglatze unter der Perücke (wofür sie 2 Stunden vorher in die Maske muss) auf ihr Ende zustrauchelt, als sei’s ein zukünftiges Leben, ist man ergriffen. Die Rolle, lernt man, kann also wirklich gesungen werden. Und zeigt dabei lyrische Feinheit und melodischen Zartsinn genug. Überragend.
Robert Fraunholzer, 02.04.2022, RONDO Ausgabe 2 / 2022
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