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2007 war ein für Lars Ulrik Mortensen durchaus ertragreiches Jahr, es machte ihn immerhin um 80.000 Euro bzw. 600.000 Kronen reicher. So nobel ist nämlich der dänische Léonie-Sonning-Musikpreis dotiert, der seit 1965 an bedeutendste Musiker vergeben wird. Nach Bernstein, Britten und Brendel wurde seinerzeit auch der Cembalist und Ensemblegründer Mortensen geehrt. Für seine „feurige Seele“ und „grenzenlose Neugier“, für seine „künstlerische Autorität“ und „enorme Fantasie“. Und Mortensen? In seiner Dankesrede pries er die Musik als die vielleicht einzig wahre, sinnliche Möglichkeit, das Leben spielerisch zu feiern und in vollen Zügen zu genießen.
Tatsächlich kann die Musik noch so alt sein, mit der sich Mortensen und seine Mitstreiter von Concerto Copenhagen seit mittlerweile fast einem Vierteljahrhundert beschäftigen: bei diesen dänischen Originalklangmusikanten erscheinen die tönenden Kunstwerke aus dem 17. und 18. Jahrhundert wie gerade erst frisch notiert. Vital, fidel, aber auch balsamisch wertvoll kommt ihr Bach daher. Bei Händel pulsiert es ansteckend. Und in den Solo-Konzerten etwa von Joseph Haydn oder dessen Zeitgenossen Johann Gottfried Wilhelm Palschau steckt pure Lust und Lebensfreude. Alte Musik – bei Concerto Copenhagen, das von den Dänen liebevoll verkürzt „CoCo“ genannt wird, kommt sie einfach gehaltvoll jung und putzmunter daher.
Kein Wunder, dass CoCo und ihr künstlerischer Direktor mittlerweile zu den skandinavischen Exportschlagern auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis gehören. Und dass sich im Laufe der Jahre dabei auch enge Freundschaften mit solchen musikalischen Charakterköpfen und -stimmen wie Andreas Scholl, Ronald Brautigam und Andrew Manze entwickelt haben. Neben Repertoire-Hits wie Bach-Concerti, Monteverdis „Krönung der Poppea“ oder Händels „Brockes-Passion“ präsentiert man aber immer wieder auch Komponisten, deren Musik unbedingt ein noch größeres Publikum verdienen. Zu ihnen gehört der Mitte des 17. Jahrhunderts im französischen Savoyen geborene und 1704 in Passau verstorbene Georg Muffat, dem Mortensen & Co. ihr neuestes Album widmen. Genauer gesagt: seiner Sonatensammlung „Armonico Tributo“ (Harmonische Huldigung), mit der Muffat 1682 seinen Ruf als musikalischer Kosmopolit untermauerte. „Kaum ein anderer Komponist dieser Zeit“, so Lars Ulrik Mortensen anlässlich der Neueinspielung, „besaß Muffats intime Kenntnis nicht nur des neuen und stark reglementierten französischen Stils, sondern auch der Freiheit und Virtuosität des mitteleuropäischen Stylus Phantasticus sowie des „modernen“ italienischen Stils, der von Corelli und seinen Zeitgenossen entwickelt wurde.“
All diese Einflüsse, die Muffat auf seinen vielen Reisen „einsammelte“, finden sich jetzt aber nicht einfach in den fünf mehrsätzigen Sonaten wieder. Bei Concerto Copenhagen verwandeln sie sich auch dank der hinzugefügten Oboen- und Fagott-Stimmen in wunderbar wohlklingende Concerti grossi voller Würde, Eleganz und tänzerischem Drive. Doch was schätzt Mortensen denn nun besonders an der Musik Muffats? Es ist ihre „tiefe Menschlichkeit“. Was er damit meint? Die Antwort darauf gibt auf diesem Album eines von Muffats größten Wunderwerken, seine 10-minütige Passacaglia.
Guido Fischer, 26.02.2022, RONDO Ausgabe 1 / 2022
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