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Unerbittlich freundlich: Sir Roger Norrington tritt ab © Manfred Esser
Vom Brahms-Freund und legendären Geiger Joseph Joachim ist die Behauptung überliefert, dass alle diejenigen Kollegen eigentlich alles Nichtskönner auf ihren Streichinstrumenten sind, die das Vibrato hegen und pflegen. Denn statt die Emotionen einfach nur der Musik zu entlocken, würden sie sie mit wimmerndem und zitterndem Ton aufblähen. Diese prominente Abrechnung mit dem Vibrato-Spiel war rückblickend für Roger Norrington noch ein Grund mehr, dagegen ebenfalls vehement zu Felde zu ziehen. Und so ordnete er auch während seiner Zeit als Chefdirigent des SWR Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart die Musiker stets an, selbst das romantische Repertoire nicht nur flott, sondern eben auch noch völlig vibrato-frei anzugehen. Mit dieser radikalen Entschlackung der Musik unter den Vorzeichen der historischen Aufführungspraxis zog sich Norrington endgültig den Zorn aller Klangkulinariker zu. Und trotzdem sollte der Dirigent damit durchaus auch stilprägend sein. Denn selbst bei Spitzenorchestern hat sich längst die Meinung durchgesetzt, dass man auch auf modernen Instrumenten den Geist der Originalklangkultur beherzigen kann.
Für sein bisweilen als verbohrt bezeichnetes Klangdenken wurde Norrington zwar oftmals gescholten. Seinem Ruf und Renommee, einer der inspirierendsten und diskussionswürdigsten Dirigenten zu sein, hat das nicht geschadet. Im Gegenteil. Im letzten halben Jahrhundert war er weltweit gefragt und bekleidete leitende Posten u.a. beim New Yorker Orchestra of St. Luke´s, der Camerata Salzburg und beim Züricher Kammerorchester. Und mit seinen 1978 gegründeten London Classical Players schrieb der aus Oxford stammende Sir immer wieder auch Schallplattengeschichte – etwa mit den Beethoven-Sinfonien auf historischen Instrumenten.
Nach einer langen, erfolgreichen Karriere hat sich Roger Norrington aber nun entschlossen, dem Dirigentenpult Goodbye zu sagen. Schließlich wird der 87-Jähirge auch nicht jünger. Und so wird er am 18. November in Newcastle-Gateshead sein allerletztes Konzert dirigieren. Zusammen mit der Royal Northern Sinfonia ehrt er dann den England-Touristen Joseph Haydn. Wobei dann auch hier ein Satz gelten dürfte, den Norrington auf Tonträgern immer wieder beherzt in die Tat umgesetzt hat: „Es geht immer darum, die Musik schön und aufregend klingen zu lassen.“
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