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Kein Zwerg: Das Œuvre von Alexander von Zemlinsky (hier: 1915) harrt noch immer auf den Durchbruch © Foto: Unbekannter Fotograf
„Eine Karikatur – kinnlos, klein, mit herausquellenden Augen und zu einem verrückten Dirigieren neigend.“ Mit diesen nicht gerade charmanten Worten hat sich einmal Alma Schindler über Alexander von Zemlinsky geäußert. Und trotzdem sollte es schon bald zwischen ihnen funken, wie die legendäre Wiener Circe an anderer Stelle gestand: „Wir küssten uns, dass die Zähne schmerzten“. Eine Verbindung fürs Leben wurde bekanntlich nicht daraus. Alma Schindler ehelichte bald erst Gustav Mahler und dann Walter Gropius sowie Franz Werfel. Zemlinsky entwickelte sich hingegen mit seinen 30 Jahren zu einem Schwergewicht in der Musikszene. Schon im Jahr 1900 war es Mahler, der Zemlinskys Oper „Es war einmal…“ unter riesigem Applaus an der Wiener Hofoper aus der Taufe gehoben hatte. Und in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bekleidete der einst von Johannes Brahms geförderte Komponist höchste Pult-Ämter. Ab 1911 war Zemlinsky Opernchef in Prag. Und ab 1926 leitete er zusammen mit Otto Klemperer die legendäre Berliner Kroll-Oper (bereits 1922 hatte Klemperer Zemlinskys Oper „Der Zwerg“ erfolgreich in Köln uraufgeführt). Wie viele seiner Kollegen und Freunde war aber auch Zemlinsky gezwungen, vor den neuen Machthabern in die USA zu fliehen. Hier starb er 1942 im Alter von 70 Jahren. Und fortan sollte sein Name und Schaffen nahezu in völlige Vergessenheit geraten.
Zwar sorgte dann immerhin der Kölner GMD James Conlon in den 1990er Jahren mit einer umfangreichen Einspielungsserie für eine gewisse Zemlinsky-Renaissance – lang angehalten hat sie jedoch nicht. Nun hätte es im bereits halb abgelaufenen Jahr 2021 zahlreiche Möglichkeiten gegeben für einen zweiten Paukenwirbel gegeben – anlässlich Zemlinskys 150. Geburtstags. Erstaunlicherweise hält sich die Musikwelt damit bislang sträflicherweise zurück. Und so wird tatsächlich die erste große Würdigung des gebürtigen Wieners erst im Oktober stattfinden. Im Rahmen des auf vier Jahre angelegten Prager Zyklus „Musica non grata“, der an die reiche Prager Musiktradition vor 1938 anknüpft, erinnert man jetzt in einem Festival eben auch an den einstigen Prager Musikdirektor. Vom 8. bis 10. Oktober findet die Hommage statt, bei der es neben Sinfonie- und Kammermusikkonzerten auch eine Weltpremiere gibt. Es ist das von Antony Beaumont instrumentierte und jetzt von Karl-Heinz Steffens dirigierte Fragment von Zemlinkys Oper „Malva“ nach einer Erzählung von Maxim Gorki (Infos unter: www.musicanongrata.com). Und wer weiß: vielleicht platzt ja bei diesem Festival endlich der Zemlinsky-Knoten.
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