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(c) Berliner Barock Solisten
Gibt es sie wirklich in diesem auch an Bearbeitungen wie Selbstparodien reichen Werkverzeichnis, die Hornkonzerte von Bach? Natürlich nicht, aber klar, dass es einen Ausnahmehornisten wie den tschechischen Bläserstar Radek Baborák danach gelüstet. Und was es nicht gibt, das kann man sich – Johan Sebastian hat es oft genug selbst vorgemacht – beherzt bearbeiten. Doch Baborák ist clever. Er hat sich für seinen jüngsten CD-Streich mit gleich drei posthumen „Konzerten“ nicht einer der gängigen Solokonzertvorlagen bedient: „Es hat ja schon vor 20 Jahren mit meinen Bach-Bearbeitungen für Horn begonnen. Zuerst habe ich mir Solosuiten für Violoncello vorgenommen, später Gamben-Sonaten, aber auch die Goldberg-Variationen habe ich in eine Fassung für Violine, Fagott, Gitarre und natürlich Horn gebracht. Das sind also ganz klar Bearbeitungen, Variationen von Bekanntem, wo jeder die Unterschiede hören kann.“ Für diese also mit viel Liebe und hoffentlich Wissen „gefälschten“ Hornkonzerte hingegen sollten es bewusst unbekannte, hier neu verfertigte Stücke sein. Experiment gelungen: Das hört sich nämlich wirklich wie echt an. Zu erleben sind dabei meist doppelte Verfremdungen. So beruhen zwei der Konzerte auf Cembalokonzerten, die ihrerseits Umarbeitungen darstellen. Baborák griff allerdings auf die verlorenen, doch rekonstruierten Originale zurück, einmal ein Bratschenkonzert, einmal eines vermutlich für die Oboe d’amore geschrieben. „Vor allem Bratschenwerke sind wegen der Tonarten und des geforderten Tonumfangs gut für Horn spielbar“, weiß der Praktiker. Das mittlere der hier eingespielten Werke fußt auf einem unvollendeten Cembalokonzert, für das Bach schon zwei zu bearbeitende Kantatensätze vorgesehen hatte. Diese vor knapp 300 Jahren liegen gelassene Adaptionsleistung hat Radek Baborák jetzt vollführt – und als Mittelsatz mit dem Adagio aus einem Alessandro-Marcello-Oboenkonzert angereichert. Denn dieses wiederum hatte Bach selbst schon als Werk für Solo-Cembalo variiert. Radek Baborák ist also eine wahrhaft diebische wie kreative Elster. Blinkt es nach Horn, ist er da. Und so vielseitig dieser Ganz-und-gar-Hornist, der inzwischen auch dirigiert, in seiner Heimat wie weltweit ist, ganz hat er die Beziehung zu den Berliner Philharmonikern, seiner letzten Orchesterstelle, sieben Jahre bis 2010, nicht gekappt. Denn immer noch tritt er regelmäßig mit den sich mehrheitlich aus Philharmonischen Reihen rekrutierenden Berliner Barock Solisten auf. „Ich bin sehr stolz, ein echtes Mitglied der Berliner Barock Solisten zu sein“, sagt Baborák. „Ob Konzert oder Projekt, alles mit ihnen hat mir immer riesig musikalischen Spaß bereitet. Denn Barockmusik ist so lebendig und emotional, sie muss wirklich zum Standardrepertoire jedes Musikers gehören. Leider wird sie von vielen Orchestermusikern immer weniger gespielt. Vielleicht haben sie Respekt – zu viel Respekt – vor der historisch informierten Fraktion auf alten Instrumenten. Das ist schade! Jeder muss sich mit Bach, Zelenka, Telemann, Vivaldi, Händel auseinandersetzen. Egal, ob auf modernen oder alten Instrumenten. Sonst ist man, für mein Empfinden, kein vollständiger Musiker.“ Mit den Bachschen „Hornkonzerten“ ist der 45-Jährige aber fürs Erste fertig. „Weiter geht es mit Einzelsätzen aus den Sonaten und Partiten für Solovioline.“
Matthias Siehler, 05.06.2021, RONDO Ausgabe 3 / 2021
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