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(c) Michael Reinicke
Astor Piazzollas Kreativität reißt seit den Tagen des Altmeisters immer wieder andere Musikerinnen und Musiker mit – so auch das ardeTrio, das mit einer besonderen Besetzung aufwartet: Eine Solovioline (Markus Däunert) und eine Solobratsche (Danusha Waskiewicz) umspielen, nein: umschmeicheln, kommentieren, beleuchten und variieren die Musik des tangotypischen Bandoneons – und das in mitreißenden Arrangements großer Piazzolla-Nummern, aber auch einigen Kompositionen des mitwirkenden Bandoneon-Solisten Omar Massa. Man erlebt einen durch geringe Basslastigkeit gesanglich schwebenden Ausflug durch die Tangowelt – passend zum 100. Piazzolla-Geburtstag!
400 Jahre Musikgeschichte – gespielt auf einem Instrument, das erst in den 40ern des 19. Jahrhunderts zum Patent angemeldet wurde. Das Konzept klingt nach einem Lehrbeispiel dafür, was das Saxofon so alles kann. Doch Hayrapet Arakelyan, im Signum Saxophone Quartet für die Alt- und Sopranlage zuständig, erklärt den roten Faden des Albums so: Man wolle Musik präsentieren, die unsere modernen Zeiten reflektiert, damit sozusagen einen Echo-Effekt erzeugen, heißt es im Booklet. Oh ja: In den „alten Tränen“ („Lachrimae antique“), die der Renaissancemeister John Dowland in Musik verwandelt hat, spiegelt sich auch heutige Trauer, und auch das Adagio von „Albinoni“ schlägt eine Brücke ins Heute – es ist ja ohnehin eine freie Barocknachahmung des italienischen Musikwissenschaftlers Remo Giazotto. Dies und eine Bachbearbeitung von Peter Gregson sind die Wege, auf denen Fauré, Hindemith, Philip Glass und Pēteris Vasks zu aktuellen Komponisten wie Max Richter oder Joep Beving führen – stets mit dem Gestus des meditativen Nachlauschens. Das Signum Saxophone Quartet lässt den Echos Zeit.
Der Tenor Peter Schreier durfte sie mit eigenen Augen sehen – die „schöne, strahlende“ Welt jenseits des Eisernen Vorhangs, die er dann auch besingen sollte. Er gehörte zu den Privilegierten, die die DDR in Richtung Westen für Konzertreisen und Schallplattenproduktionen verlassen durften. Bis heute verbindet man die Stimme des 2019 verstorbenen Sängers mit seiner Parade-Partie – der des Bachschen Evangelisten. Doch das ist viel zu kurz gegriffen, wie man anhand von Schreiers Lied- oder Opernaufnahmen, aber auch mit dieser Rarität leicht überprüfen kann. 1977 brachte Schreier seinen Landsleuten Populäres des Tenor-Repertoires nahe – mit „Granada“, dem „Chianti-Lied“, „O sole mio“, „Mattinata“ oder „Caro mio ben“. Völlig überzeugend trat er in die Fußstapfen der Tonfilm-Tenöre, begleitet mit äußerst farbigen Orchester-Arrangements.
Befilzte Hämmer schlagen an Saiten und bringen sie so zum Klingen, oder sie treffen auf Holzplatten. Beides verschmilzt zu einem ganz neuen Instrument, einem perkussiveren, fast glockigen, manchmal samtweichen und ätherischen Sound, den hier der Pianist Thomas Enhco und die Marimbaphon-Virtuosin Vassilena Serafimova im Dienste des Werkes von Johann Sebastian Bach pflegen. Der 1988 in Paris geborene Thomas Enhco, übrigens ein Spross der Casadesus-Musikerfamilie, hat sich schon seit langem einen Namen mit der Verbindung von Klassik, Jazz und Filmmusik gemacht und hat dafür bedeutende Preise eingeheimst. Die Bach-Versionen der beiden verbinden klangliche Reize mit einer hörbaren Analyse, die Schicht für Schicht die Architektonik der Kontrapunkte und Harmonien freilegt und auch mit virtuosen dialogisierenden improvisatorischen Ausbrüchen nicht spart – und das anhand von Hits wie der „Air“, der Chaconne d-Moll, aber auch Unbekannterem. Ein gelungenes Experiment, das auf ganz neue Weise durch die Verzweigungen von Bachs Werken führt.
Oliver Buslau, 17.04.2021, RONDO Ausgabe 2 / 2021
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