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(c) Ute Freund
Kommt die Rede aufs Fagott, sind die Klischeebilder schnell parat, und auch der Großvater aus Sergei Prokofjews „Peter und der Wolf“ im Ohr. Doch mit solchen Assoziationen muss man Sophie Dervaux gar nicht erst kommen. Denn die Französin, die seit 2015 als Solofagottistin bei den Wiener Philharmonikern tätig ist, hat sich für ihr Solo-Debüt bei Berlin Classics vorgenommen, alle möglicherweise immer noch in den Köpfen verankerten Vorurteile endlich ein wenig zu korrigieren. „Ich habe es oft erlebt, dass Leute nach dem Konzert zu mir kommen und sagen, dass sie zuerst skeptisch waren, dann aber umso mehr Freude hatten und sogar richtig begeistert waren. Das ist eigentlich das beste Kompliment, das man bekommen kann.“ Und so leidenschaftlich, wie sie im Gespräch von den Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten ihres Instruments schwärmt, kann man sich tatsächlich nur schwer eine bessere Botschafterin vorstellen. Mindestens ebenso viel Emotion schwingt aber auch beim clever zusammengestellten Programm des Albums „impressions“ mit. Ein Programm, das einerseits so manche Entdeckung parat hält, aber auch eine gute Portion an Bekanntem in neuem Gewand präsentiert. „Mir war es wichtig, eine gute Mischung zu haben. Das Fagott ist ein wunderschönes Instrument, das aber viele einfach nicht auf der Rechnung haben. Da ist es ganz gut, wenn man auf dem Album wenigstens das eine oder andere Stück kennt.“ Beispielsweise Claude Debussys „Beau soir“ oder sein Dauerbrenner „Clair de lune“, der im neuen Arrangement nun noch einmal eine ganz eigene Wirkung entfaltet. „Das Fagott ist nicht nur der lustige Clown, es kann auch ganz wunderbar singen. Und wenn ich spiele, ist das meine Stimme.“ Dies wird vor allem in den Bearbeitungen von Vokalwerken wie Gabriel Faurés „Après un rêve“ oder Reynaldo Hahns „À Cloris“ deutlich. Hier hat Dervaux in ihrem Landsmann Sélim Mazari einen Klavierpartner zur Seite, der als versierter Kammermusiker einfühlsam mit ihr zu atmen versteht. Nur Populäres neu zu arrangieren wäre für die Musikerin allerdings nicht in Frage gekommen. Gab es doch vor allem in ihrem Heimatland sehr wohl auch Komponisten, die den Klang des Fagotts ebenso schätzten und Stücke speziell darauf zuschnitten. „Das französische Repertoire hat sich natürlich angeboten, weil wir viele Komponisten haben, die regelmäßig für Abschlussprüfungen des Pariser Conservatoire geschrieben haben. Da gibt es viele großartige Stücke, die auch technisch extrem anspruchsvoll sind.“ Obwohl es ein rein frankophiles Programm geworden ist, mangelt es dem Album also keineswegs an Kontrasten. Neben impressionistisch anmutenden Klängen von Camille Saint-Saëns und Co. sticht da unter anderem das wild aufgekratzte „Interference“ des 2019 verstorbenen Roger Boutry heraus, das am Ende noch für einen interessanten Farbtupfer sorgt. „Auch das war ein Aspekt, den ich unbedingt mit dabeihaben wollte. Für mich ist es eine Art Türöffner. Ein kleiner Ausblick auf das, was noch alles dahinterliegt, und etwas, das die Menschen hoffentlich neugierig macht.“
Tobias Hell, 10.04.2021, RONDO Ausgabe 2 / 2021
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