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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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(c) Pixabay

Musik-Krimi

Folge 46: Das Geheimnis von Zimmer 16

„Geben Sie mir die tausend Euro“, rief Trude Kalumpke. Die korpulente Mittfünfzigerin arbeitete als Reinigungskraft im Hotel Harmonie – einer Herberge unterer Preisklasse gleich hinter dem Bahnhof. „Ich habe die entscheidende Aussage gemacht. Mir steht das Geld zu!“
Hauptkommissar Reuter schüttelte den Kopf. „Erst müssen wir Ihre Beobachtung prüfen.“
Es ging um den Diebstahl eines Musikinstruments. Der Gambenvirtuose Gregorius Hahnreih war spät abends auf dem Weg zu einem Auftritt in Zürich gewesen. Nur einen Moment hatte er am Bahnhof nicht aufgepasst. Plötzlich war der Koffer mit der Gambe darin verschwunden. Zeugenaussagen und Bilder aus Überwachungskameras hatten ergeben, dass ein Mann ihn genommen hatte und weggelaufen war. Er war nicht zu erkennen, denn er hatte eine tief in die Stirn gezogene Mütze und trotz der Tageszeit eine Sonnenbrille getragen.
Hahnreih hatte selbst die Belohnung ausgelobt. Das gestohlene Instrument war sehr wertvoll. Es stammte aus dem frühen 18. Jahrhundert, und die Forschung ging davon aus, dass der berühmte Carl Friedrich Abel darauf gespielt haben könnte.
Kaum war bekannt geworden, dass es Geld für zielführende Hinweise gab, meldeten sich immer mehr Zeugen. Ein Taxifahrer hatte behauptet, die Tat gesehen und den Täter verfolgt zu haben. Die Adresse, an der der Mann mit dem Koffer angeblich ein Haus betreten hatte, war der Polizei bekannt. Hier wohnte ein vorbestrafter Hehler namens Siggi Bernheim. Die Durchsuchung seiner Räumlichkeiten brachte keine gestohlene Ware zutage, erst recht nicht das vermisste Instrument. Allerdings zeigte sich, dass Bernheim ein Freund von Barockmusik war. Er besaß, ganz legal, eine ansehnliche CD-Sammlung.
Und es gab Trude Kalumpkes Aussage zum Hotel. „Ich habe den Balkon von Zimmer 17 sauber gemacht“, sagte sie. „Da höre ich aus der 16 Musik. Ich wusste erst nicht, was das war. Ich hab mich über die Brüstung gebeugt und konnte ein kleines bisschen was durch die Scheibe sehen. Die Hände von dem Mann, der spielte. Auf dem Ding, das gestohlen wurde. Mein Sohn hat’s mir im Internet gezeigt. Diese ... diese ...“
„Gambe“, half der Doktor. „Was haben Sie gesehen? Bitte seien Sie genau.“
„Die Saiten. Die rechte Hand. Die hielt den Bogen. Darauf vier Finger vorne. Der Handrücken. So hat er gestrichen und gespielt. Es klang ganz schön.“
Die Männer gingen hinaus. „Damit können wir was anfangen“, sagte Reuter. „Wenn sich der Hotelgast unter seinem Namen eingetragen hat, finden wir ihn. Wenn nicht, kriegen wir wenigstens eine bessere Beschreibung. Oder sollen wir noch mal Bernheim genauer unter die Lupe nehmen?“
„Ich denke, dass klar sein dürfte, welche Spur wahrscheinlich die bessere ist“, sagte der Doktor.

Welche Spur ist es und warum?

Doktor Stradivari ermittelt – und Sie können gewinnen!

Wenn Sie die Lösung wissen, schreiben Sie sie an stradivari@rondomagazin.de oder postalisch an RONDO, Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin – bitte auch Ihre Kontaktdaten nicht vergessen! Unter allen Zuschriften verlost RONDO in Kooperation mit dem Label Glossa fünf Exemplare der „Sentimental Journey“, der empfindsamen Reise, die der Ausnahme-Gambist Paolo Pandolfo auf seinem neuen Album in den Sonaten Carl Friedrich Abels unternimmt. Einsendeschluss ist der 5. März 2021. Viel Glück!

Auflösung aus Magazin 6/2020:

Herr von Goldbach, frischgebackener Musikprofessor in Zürich und Beethoven-Spezialist, ist entführt worden. Wie kann Stradivari nun sicher sein, telefonisch wirklich mit dem Opfer selbst zu texten (um eine Handyortung vornehmen zu lassen)? Die Fragen zu Details aus Beethovens Schaffen, Uraufführungsdatum, Opuszahl und Besetzung weiß der Schreibende aus dem Effeff, Google sei Dank. Aber er bestätigt beiläufig ein wichtiges Detail der Eingangsfrage: Stradivari bezeichnet darin den 17. Dezember als Beethovens 250. Geburtstag, der in Wirklichkeit aber der Tag der Taufe war. Der genaue Geburtstermin ist unbekannt. Ein Beethoven-Forscher wie der Professor hätte das korrigiert. Frau von Goldbach hat also allen Grund, sich ernsthafte Sorgen um ihren Sohn zu machen!

Oliver Buslau, 13.02.2021, RONDO Ausgabe 1 / 2021



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