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Es war nur eine Frage der Zeit, wann man erkennen musste, dass Klerus und Hochadel nicht die Wahrheit und Weisheit gepachtet hatten. So wagte man Ende des 17. Jahrhunderts den aufrechten Gang, erprobte der Bürger seine Selbstständigkeit in Denken und Handeln. Ein Jahrhundert lang dauerte diese Epoche der »Aufklärung« an. Bis die Gräueltaten im nachrevolutionären Frankreich und Napoleons Staatsstreich von 1799 sie wieder beendeten. Dieses Zeitalter der Mündigkeit und Befreiung aus alten Mustern spiegelte sich natürlich auch in der Musik wider. Und genau diesen Geist fängt die 30 CD-Box »18. Jahrhundert: die Zeit der Aufklärung« ein. Die Geburt der Instrumentalformen Sonate, Sinfonie und Streichquartett stehen endgültig für eine Emanzipation von der übermächtigen Kirchenmusik, aber auch für das Aufblühen jenes öffentlichen Konzertwesens, wie wir es heute kennen. Für all diese spannenden und grenzübergreifenden Umbrüche hat man hier glücklicherweise nicht auf beispielhafte Häppchen gesetzt. Das französische Label harmonia mundi dokumentiert die einzelnen Stationen der Aufklärung vielmehr ausschließlich mit kompletten Werken in Top-Einspielungen. Das Freiburger Barockorchester, Cembalist Christophe Rousset, Pianist Andreas Staier und das Jerusalem Quartett spannen da den Instrumentalbogen von Couperin über Haydn bis zu Beethovens 9. Sinfonie. Und unter den Opern- Gesamteinspielungen findet sich nicht nur »Castor & Pollux« von Rameau (mit William Christie), sondern auch Mozarts Plädoyer gegen adlige Vorrechte: »Figaros Hochzeit« (mit René Jacobs).
Guido Fischer
Die »Rotkäppchen«- und die »Seemöwen-Etüde«, die »Improvisationen« über Themen von Arenksy, Glazunov und Taneyev, und natürlich die »Préludes «, die »Fantasiestücke«, die »Corelli-Variationen«, die beiden Klaviersonaten – für Rachmaninoffs Soloklavierwerk braucht der Hörer starke Nerven, und der Interpret natürlich sowieso. Die hat der deutsch-amerikanische Pianist Michael Ponti, geboren 1937 in Freiburg/Breisgau, ohne Zweifel. Er zog jahrzehntelang mit einem Repertoire durch die Konzertsäle, das später Marc-André Hamelin von ihm geerbt zu haben scheint: Die halsbrecherische Virtuosenliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts hatte es ihm angetan, und er spielte sie, weil er es eben konnte – und weil er etwas damit zu sagen hatte. Giftende Kritiker störten ihn darum nicht, er liebte es sogar, zu polarisieren. Hören wir heute seine sechs Rachmaninoff- CDs, die er in den siebziger Jahren eingespielt hat, dann erfreuen wir uns an der Kantigkeit seines Spiels: Er benutzt das Pedal sparsam, lässt virtuose Kaskaden oft atemberaubend »secco« in die Klaviatur hinein explodieren. Er gestaltet nicht oberflächlich gefällig, sondern eigenwillig. Niemals soßt und sülzt er, immer ist er bedacht auf Transparenz nicht zuletzt auch beim Vermitteln der strukturellen Tiefe des Satzes. Rachmaninoff hätte das sicher gefallen, denn er selbst spielte seine Musik ungeheuer nüchtern, manchmal fast beiläufig. Beiläufigkeit war freilich ein Privileg des schüchternen und skrupulösen Komponisten selbst; sie kann und soll nicht nachgeahmt werden, sie wird es auch nicht von Michael Ponti: Er gibt der Musik Rachmaninoffs im Erklingen exakt das Gewicht, das ihr ohne Zweifel zusteht.
Michael Wersin
Im Oktober 2010 jährte sich Leonard Bernsteins Todestag zum 20. Mal. Sony hat damals zu diesem Anlass eine limitierte »Symphony Edition« herausgebracht, die in Rekordzeit ausverkauft war, weshalb es in diesem Herbst eine zweite, ebenfalls limitierte Auflage dieser Hommage an einen der Hausgötter des Labels gibt. Auf 60 CDs sind alle sinfonischen CBSAufnahmen zusammengefasst, die Lennie mit ›seinen‹ New Yorker Philharmonikern zwischen 1953 und 1976 (als er zur DG wechselte) eingespielt hat. Neben den kompletten Zyklen von Beethoven, Brahms, Mahler, Schumann, Sibelius, Tschaikowsky und seiner eigenen Sinfonien finden sich in dieser repräsentativen Box im LP-Format auch Werke von hierzulande weniger bekannten amerikanischen Komponisten. Die beeindruckende Verpackung ist gleichzeitig auch der einzige Wermutstropfen: Zum einen lässt sich die Box nicht ins Regal einreihen, zum anderen sind die 60 Papphüllen (jede mit einem anderen Bernstein-Porträt darauf) auf vier Stapel verteilt in Vertiefungen eingelassen, was die Entnahme einzelner CDs recht umständlich gestaltet.
Michael Blümke
30.11.1999, RONDO Ausgabe 5 / 2011
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