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N° 1298
25. - 31.03.2023

nächste Aktualisierung
am 01.04.2023



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Der Jüngste: Mariss Jansons wurde vom Namensgeber des Preises kräftig gefördert (c) Mariss Jansons

Pasticcio

Ein Glücksfall für die Musik

„Als Karajan 1968 mit den Berliner Philharmonikern nach Leningrad kam, gab es einen Workshop, in dem zwölf junge Dirigenten ihre Künste zeigten. Ich war der Jüngste. Es hat ihm sehr gefallen, und er wollte, dass ich bei ihm studiere.“ Als Mariss Jansons 2015 sich ins Kreuzverhör der FAZ begab und dabei natürlich auch sein Frühstart als kommender Weltklassedirigent zur Sprache kam, durfte die wohl wichtigste Begegnung mit seinem Förderer Karajan nicht fehlen. Im aktuellen „Handbuch Dirigenten“ wird zwar darauf hingewiesen, dass das erste Treffen zwischen dem jungen Letten und dem österreichischen Mega-Maestro nicht in Leningrad, sondern in Moskau zustande kam. Doch selbst wenn Jansons´ Erinnerung ihm da einen kleinen Streich gespielt haben mag, steht doch eindeutig fest, dass Karajan damals dieses Riesentalent erkannte und fortan nach allen Regeln der Kunst förderte. 1969 besuchte Jansons seinen musikalischen Ziehvater erstmals in Salzburg, im Rahmen der Osterfestspiele. Zwei Jahre später gewann er schließlich den Karajan-Dirigentenwettbewerb.
Auch wenn es trotz vehementer Proteste Karajans bei den offiziellen Kulturbehörden der UdSSR dennoch noch einige weitere Jahre dauern sollte, bis Jansons endlich ebenfalls im Westen richtig durchstarten konnte, so zählt er längst zu jenen ganz wenigen Dirigenten, die von den Orchestern unisono geliebt werden. So hat Vesko Eschkenazy – der Konzertmeister des von Jansons zwischen 2004 und 2015 geleiteten Amsterdamer Concertgebouworchesters – die gemeinsame Zeit wie folgt beschrieben: „Jansons ist ein ganz besonderer Mensch und Dirigent, der für ehrliche Musik, perfekte Organisation der Probenzeit und atemberaubende Aufführungen steht. Das Publikum ist immer ganz ergriffen von seiner Persönlichkeit und seiner Art und Weise, Musik zu machen.“ Und 2007 fügte der Wiener Philharmoniker Clemens Hellsberg in einer Laudatio auf Mariss Jansons zu: „Das Orchester richtet sich an ihm nicht nur musikalisch auf, sondern auch charakterlich.“
Nun möchte man sich nicht ausmalen, was für Orchesterfeststunden es in Berlin am laufenden Band gegeben hätte, wenn Jansons zum Nachfolger von Simon Rattle bei den Philharmonikern gewählt worden wäre. Aber auch von seiner aktuellen Wirkungsstätte München, am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, sendet er dank der regelmäßigen Live-Übertragungen unvergessliche Klangzeichen in alle Welt.
In zwei Wochen kann nun der 76-Jährige ein spezielles Jubiläum feiern. Zum 50. Mal jährt sich seine erste Begegnung mit dem Salzburger Osterfestspiel-Leiter Karajan, „an seine Proben, Orchesterkonzerte und Opernvorstellungen“, so Jansons. Nun wird er nicht nur mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden sowie Sinfonien von Haydn und Mahler bei den Osterfestspielen gastieren. Als Sahnehäubchen erhält Mariss Jansons den mit 50.000 Euro dotierten „Herbert-von-Karajan-Preis“.

Guido Fischer



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