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N° 1354
20. - 28.04.2024

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am 27.04.2024



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Vor-Bild: Ein Bilderzyklus im Bachhaus zu Eisenach soll Inspiration für die Komposition sein (c) Bachhaus

Pasticcio

Bach – von analog bis digital

In Bachs Geburtsstadt Eisenach ist es lange Tradition, jedes Jahr dem großen Sohnemann diverse Geburtstagsständchen zu bringen. Am letzten Donnerstag, zum 334. Geburtstag Bachs, wurde schon am späten Vormittag vor seinem Denkmal am Eisenacher Frauenplan konzertiert und gesungen. Wenngleich der Barock-Übervater natürlich auch sonst an den restlichen 364 Tages des Jahres hier allgegenwärtig ist, war dennoch bislang niemand auf die eigentliche naheliegende Idee gekommen, in der Bach-Stadt einen Kompositionswettbewerb zu veranstalten. Bis jetzt: Kurz vor der diesjährigen Geburtstagssause teilte die Stadt mit, dass sie noch für dieses Jahr erstmals den Internationalen Eisenacher Kompositionspreis für Orchester ausschreibt. Bereits bis zum 15. Juni muss die Orchesterpartitur eingereicht werden. Wobei einige Vorbindungen zu erfüllen sind, um überhaupt die Chance auf den mit 2.000 Euro dotierten Preis und die Aufführung durch die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach zu bekommen. Man darf nicht jünger als 20 Jahre alt sein. Die Partitur dürfe nicht länger als 15 Minuten dauern. Und als Inspiration soll der Grafikzyklus „Hommage à Jean Sebastian Bach»“von Victor Vasarely dienen, der im Bachhaus Eisenach zu sehen ist.
Wer all diese Kriterien auch mit Fantasie erfüllt, darf stolz darauf sein, seine ersten großen kompositorischen Schritte in einem musikgeschichtsträchtigen Ort getan zu haben. Und vielleicht können ja dafür vorab ein paar kleine Fingerübungen helfen, mit denen man mit ein paar Mausklicks im Stile Bachs komponieren (lassen) kann. Der Internet-Konzern Google hat nämlich eine Art Kompositionsprogramm entwickelt, bei dem jeder per künstlerischer Intelligenz zu einem kleinen Neo-Neo-Bach werden kann. Anlässlich des 334ten von Bach spielte nun auf der Startseite ein perückter Comic-Komponist Orgel. Und wer auf die Animation klickt, der kann auf einer aus zwei Takten bestehenden Mini-Partitur eigene Noten eingeben, die anschließend im Stile Bachs „harmonisiert“ werden. Die Entwickler ließen dafür 306 Bach-Kompositionen vorab analysieren, so dass nun eine Künstliche Intelligenzbestie die eigene Melodie in ein vierstimmiges Gebilde verwandelt, das sich mal entfernt, mal ziemlich verblüffend nach Bach anhört. Ob man damit aber einen vorderen Platz beim ersten Eisenacher Kompositionswettbewerb belegen wird, dürfte trotzdem eher unwahrscheinlich sein.

Guido Fischer



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