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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Startseite · Interview · Blind gehört

(c) Michal Novak

Blind gehört

Xavier Sabata: „Warum wird der Kerl engagiert?!“

Der katalanische Countertenor Xavier Sabata, geboren 1976 in Avià, studierte zunächst Schauspiel und Saxofon in Barcelona. In Karlsruhe wurde er Schüler von Hartmut Höll und Mitsuko Shirai. Zu seinen wichtigsten Gesangsrollen zählen Ottone in „L’incoronazione di Poppea“ sowie in „Agrippina“, außerdem Händels Rinaldo, Glucks Orfeo und Vivaldis Farnace. Er lebt in Barcelona. Beim RONDO-Blindtest haut er nicht daneben – aber kämpft gelegentlich mit den Tränen.

Dieser Sänger des Nero ist Brite, wegen des Akzents. Die Ts sind feuchter! Ich würde denken, dass es sich entweder um James Bowman oder um Michael Chance handelt. Das Legato wird etwas flacher gebildet als bei kontinentaleuropäischen Countertenören. Die Stimme sitzt recht weit vorne. Übrigens ist es nicht die Version von John Eliot Gardiner, also scheidet Chance aus. Es muss Bowman sein. Mein Grund, mit dem Countertenor- Singen anzufangen, war übrigens noch jemand anderes: der Deutsche Jochen Kowalski. Wie lyrisch er sang, wie sehr mit dem Körper verbunden, hat mich damals sehr geprägt. Tatsächlich gibt es unterschiedliche europäische Schulen. In Spanien, wo ich herkomme, wurde zeitweilig von mir erwartet, wie mein Kollege Carlos Mena zu singen. Nur muss man klingen wie man selbst. Das ist die einzige Lösung.

Claudio Monteverdi

L`incoronazione di Poppea

Arleen Auger, Della Jones, Linda Hirst, James Bowman, Catherine Denley, Lynton Atkinson, City of London Baroque Sinfonia, Richard Hickox

Erato/Warner

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Das ist Max! Also: Max Emanuel Cenčić. Ich kenne ihn zu gut, um das nicht zu erkennen. Es dürfte seine Rossini-CD sein, die ursprünglich bei Virgin erschienen ist. Damals lernte ich ihn kennen. Er war der Erste, der sich traute, ein wenig flamboyanter, paradiesvogelhafter zu singen. Bei Rossini darf auch ein Countertenor etwas weiblicher klingen, finde ich, weil es Belcanto ist und ohnehin meist von Frauen gesungen wird. Flexibilität und Weichheit, das sind Eigenschaften, die auch bei männlichen Sängern gern gesehen sein sollten. Finde ich jedenfalls.

Gioacchino Rossini

„Oh patria! Dolce e ingrata patria“, aus: Tancredi

Max Emanuel Cencic, Orchestre de Chambre de Lausanne, Michael Hofstetter

Erato/Warner

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Ist das Victoria de los Ángeles? Nein, aber jedenfalls katalanisch, meine Muttersprache. Das könnte von Eduard Toldrà sein. Montserrat Caballé, glaube ich, singt hier nicht, ihr Sound wäre reicher, runder, sogar fleischiger. – Doch?! Allerdings kenne ich sie mehr mit italienischem Repertoire. Und mit Freddie Mercury! In Spanien war sie bis zu ihrem letzten Tag und darüber hinaus sehr populär. Ich konnte sie einmal treffen, ganz zu Anfang meiner Laufbahn. Sie war sehr süß. Eine großartige Sängerin, und eine großherzige, überaus nette Frau.

Eduard Toldrá

„La rosa als llavis“

Montserrat Caballé, Sinfonica de Barcelona, Ferrer

RCA/Sony

Den kenne ich doch! Es ist Alfred Deller – oder höchstens René Jacobs. Nein, nein, Deller! Ich wollte auf das d warten, daran habe ich ihn erkannt. Den bewundern wir alle dafür, dass er uns erfunden hat. So fragil, so authentisch, so reich im Ausdruck hat kein anderer gesungen. Es kam ganz natürlich aus ihm heraus. Man hört die Tränen, die in dem Lied fließen. Großartig. Kein bisschen altmodisch oder passé.

John Dowland

„Flow, My Tears“

Alfred Deller, Robert Spencer

harmonia mundi

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Hierbei könnte es sich um eine Händel-Ouvertüre à la française handeln. Für Rameau ist es zu früh. Vielleicht doch eher Charpentier? Den kennen wir Countertenöre nicht so gut, da ist nicht genug drin für uns. Als Dirigenten kommen vier in Betracht: Bill Christie, Emmanuelle Haïm, Marc Minkowski und Christophe Rousset. – 1988? Zu diesem Zeitpunkt war Bill der einzige und erste. Seine Kennzeichen sind: Präzision, Lebendigkeit und Energie. Außerdem eine große Bedeutung des Momentums, also von Freiheit und Improvisation. Während der Proben ist Christie sehr genau, beinahe unangenehm. Wenn es zur Aufführung kommt, lässt er die Zügel schießen und sagt: „Los jetzt! Ich fliege mit Euch …“ Sein Klang ist saftig und spritzt beinahe. Seine Aufführungen sind so perfekt, dass man hinterher kaum noch schneiden muss.

Marc-Antoine Charpentier

David & Jonathas

Les Arts Florissants, William Christie

harmonia mundi

Das ist ganz fantastisch gesungen. Enorm! Aber ich erkenne den Sänger nicht. – Anton Dermota? Er hält ohne Weiteres das Niveau von Fritz Wunderlich. Weswegen ist Dermota nicht genauso berühmt?! Eine tolle Behandlung der Sprache. Dabei bescheiden, natürlich, mühelos. Er zeigt nicht eitel seine Mittel vor. „Talent ist Verantwortung“, diese Einstellung hört man bei ihm heraus. Es reicht nicht aus, sich auf das eigene Können zu verlassen. Nach dem Talent fängt die ganze Arbeit erst an.

Richard Strauss

„Di rigori armato“, aus: Der Rosenkavalier

Anton Dermota, Wiener Philharmoniker, Erich Kleiber

Orfeo/Naxos

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Och, das bin ich ja selber … Es ist ein so unbekanntes Stück, dass ich es einfach sein muss. Ziemlich hart, das anzuhören. Ich schwanke zwischen „Gar nicht so übel“ und „Warum wird der Kerl überhaupt engagiert?“. Natürlich höre ich eine solche Aufnahme nur während des Entstehungsprozesses. Es ist ein Argument dafür, nur noch Live-Aufnahmen zu machen. Die sind immerhin fix und fertig, wenn man von der Bühne kommt. Ich würde gern auf diese Weise eine Live-„Winterreise“ machen. In der Bass-Version, versteht sich. Nur ein bisschen nach oben oktaviert.

Antonio Vivaldi

„Gelido in ogni vena“, aus: Farnace

Xavier Sabata, Armonia Atenea, George Petrou

Aparté/hm

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Oh je, mir kommen die Tränen. Das muss Lorraine Hunt Lieberson sein. Ihre Stimme war nicht perfekt. Die Emission der Töne aber kam direkt vom Herzen … Wenn sie nur atmet, gehen bei mir schon alle Türen auf. Da ist nichts Konstruiertes, nichts Künstliches. Es ist so, als hebe sie nur kurz zum Sprechen an. Man hört, eine wie kluge Frau sie war, ohne dass das intellektuell würde. „Ariodante“ habe ich selbst auch schon gesungen. Aber doch nicht so! Danke, Lorraine …

Georg Friedrich Händel

Arioso „Quì d’amor“, aus: Ariodante

Lorraine Hunt Lieberson, Freiburger Barockorchester, Nicholas McGegan

harmonia mundi

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Neu erschienen mit Xavier Sabata:

„L’Alessandro amante“ (Arien von Bononcini, Händel, Pescetti, Steffani u. a.)

Xavier Sabata, Vespres D`Arnadí, Dani Espasa

Aparté/hm

Alessandro Stradella

La Doriclea

Emöke Barath, Giuseppina Bridelli, Xavier Sabata, Gabriella Martellacci, Luca Cervoni, Riccardo Novaro, Il Pomo d`Oro, Andrea de Carlo

Arcana/Note 1

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Robert Fraunholzer, 08.12.2018, RONDO Ausgabe 6 / 2018



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