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(c) Candy Welz
Ein Liebespaar weiß nicht mehr so genau, ob es noch zusammenbleiben soll. Die Zweisamkeit scheint Routine. 50 Minuten dauert dieser Beziehungsknatsch, dann hat sie ihn überzeugt: Er wird handeln und bricht auf. Von der Grundkonstellation könnte das der erste „Tannhäuser“- Akt sein. 1849, ein Jahr nachdem er in Weimar Dauerquartier bezogen hatte, brachte Franz Liszt tatsächlich die Minnesänger-Oper seines Noch-nicht-Schwiegersohns Richard Wagner heraus. Doch was jetzt in der Weimarhalle konzertant uraufgeführt wurde, ist Musiktheater von Liszt selbst.
Der als Klaviervirtuose wie Komponist Gefeierte dokterte geraume Zeit an einer eigenen Oper herum. Acht Anläufe brauchte es, bis ihn endlich ein Stück des von ihm geschätzten Lord Byron inspirierte: „Sadarnapalus“. Ein assyrischer Fürst genießt lieber fleischliche Lüste mit seiner Kurtisane, als sich seinen Feinden zu stellen. Als die vor den Palasttoren stehen, häuft er seine Kostbarkeiten an, um sich gemeinsam mit der Geliebten verbrennen zu lassen.
Doch Liszt gelangte über den ersten Akt nie hinaus. Der Musikwissenschaftler David Trippett, der das seit 1910 im Goethe- und Schiller-Archiv verortete 111-Seiten-Manuskript nun aufführungsfähig frisierte, macht dafür vor allem Schwierigkeiten mit dem Librettisten verantwortlich. Aber es steht eher zu vermuten, dass es der übergroße, von seinen Opern-Plänen wissende Wagner-Schatten war, der Liszt hatte einsichtig werden lassen, dass er zumindest in diesem Genre dem Freund nicht Paroli bieten konnte.
Was man durch die einst von Liszt befehligte, jetzt furios von ihrem Generalmusikdirektor Kirill Karabits angeleitete Staatskapelle Weimar zu hören bekam, das begeistert durchaus. Liszt setzt sich von der italienischen Oper ab, sucht den harmonischen Tonfall und die mitreißende Melodik Donizettis, doch fehlt die Nummernform. Stattdessen ein opulent variierter Frauenchor am ouvertürelosen Anfang, eine unregelmäßig mäandernde Soloszene der griechischen Sklavin Mirra (Joyce El-Khoury mit vibratosattem Sopran), dann Weitung zum herrlich tönenden Duett mit Sardanapalo, dem Airam Hernández heldisch sichere Tenorspitzen leiht. Oleksandr Pushniak als Priester orgelt dazu bassgewaltig den Bedenkenträger.
Matthias Siehler, RONDO Ausgabe 4 / 2018
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