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(c) Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra
Beim Borusan-Orchester könnten unvoreingenommene Fußballfans an Borussia Dortmund denken. Irrtum. Der Borusan-Konzern ist ein Unternehmen der türkischen Stahlindustrie und hängt mit Mannesmann zusammen. In Deutschland wäre der Name ‚Mannesmann- Orchester’ vielleicht griffiger. Aber würde auch ein Tabu stürmen: Nach Sponsoren benannte Orchester sind die absolute Ausnahme. Warum nur? Die Laeiszhalle oder die New Yorker Carnegie-Hall wurden doch auch nach Finanziers getauft, die das Geld gaben.
Schon seit zehn Jahren leitet der Wiener Dirigent Sascha Goetzel das 1993 gegründete Orchester. „Die Musiker, fast sämtlich Türken, waren damals etwas erwachsener als diejenigen des Mahler Chamber Orchestra“, meint er über seinen Beginn. „Ein Drittel hatte im Ausland studiert, ich merkte gleich die Motiviertheit, Energetik und Kraft dieses Orchesters.“ Und die Tatsache, wie stark man von der tänzerischen Musik der Türkei profitiert. „Tanzrhythmen helfen, auch wenn es darum geht, Farben zu entwickeln“, so der 47-Jährige, der früher freiberuflich Geiger bei den Wiener Philharmonikern war. In seiner österreichischen Heimat hat er ein zweites Standbein als Repertoiredirigent der Wiener Staatsoper.
„Istanbul war eine Inspirationsquelle für viele Komponisten wie Béla Bartók, Paul Hindemith und Florent Schmitt, da habe ich sofort angesetzt“, so Goetzel. „Europa ist doch nur eine wirtschaftliche Erfindung, die sich kultudiejenirell kaum halten lässt“, sagt er grundsätzlich. West und Ost bilden eine Einheit, sind kulturell unauslöschlich aufeinander bezogen.
Konsequent, dass sich das Orchester 2008 – nach neun Jahren unter dem türkischen Dirigenten Gürer Aykal – für eine Westwendung entschied. Goetzel selbst orientierte sich am Erfolg von Simon Rattle beim City of Birmingham Symphony Orchestra. Von jeher spielte das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra gleichermaßen sowohl auf der europäischen Seite (in der Lütfi Kırdar Konzerthalle) wie auf der asiatischen (im Kadiköy, heute: Caddebostan Kulturzentrum). „Unsere Nachfrage steigt, und unsere Konzerte sind zu 97 bis 98% ausverkauft“, so Goetzel.
Die rein privat finanzierte Institution, bestehend aus 85 Musikern, sieht sich als musikalischen Botschafter und profilierte sich zuletzt mit der Europäischen Erstaufführung von Philip Glass’ 11. Sinfonie. Für das neue Violin- Doppelkonzert von Marc-Anthony Turnage verpflichtete man auch gleich Vadim Repin und Daniel Hope. Turnage bezieht türkisches Schlagwerk mit ein. Daneben bietet das Album auch eine wunderfein ausgesponnene „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz. Es ist die zarte, diplomatische Seite der Türkei, die man bei allen Konflikten mit Erdoğan nie vergessen sollte.
Der Borusan-Konzern gründete übrigens daneben auch noch ein Museum, ein Streichquartett und ein Musikhaus mit eigenem Opernstudio. Die Öffnung zum Westen, ungeachtet nationalistischer Tendenzen in der Türkei, hält in Gestalt des Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra erfreulich an. Hinhören!
www.borusansanat.com/en
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