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Als Ende der 90er Jahre die große „Pianisten-Edition“ erschien, passierte ein kleines „Malheur“: Statt Alfred Cortots berühmte „Kreisleriana“ von 1935 zu pressen, griffen die Produzenten versehentlich zur nie veröffentlichten späten Version von 1954. Und als schienen sie sich der zerfurchten pianistischen Trümmerlandschaft zu schämen, wurde die Folge eingestampft! In dieser liebevoll edierten Box zu seinem 50. Todestag ist sie nun „offiziell“ enthalten, ebenso wie niemals zuvor gehörte Fragmente eines geplanten Beethovenzyklus.
Es ist wohl ein Zeichen der Ohnmacht, eine Gestalt, deren Aura Texte und Schallplatten niemals ganz fassen könnten, an bloßen pianistischen Standards messen zu wollen, und doch waren schon seine Schüler uneins, ob er nun eine „fantastische Technik“ oder „schlechte Hände“ gehabt habe ... Aber was kümmerte diesen Giganten das mechanische Pianistenwesen zu seinen Füßen. Er brach die Pforten des Stil-Gefängnisses der damals noch existierenden französischen Schule mit einer bis heute mitreißenden rhythmischen und klanglichen Fantasie, erlöste Chopin aus blass-akkuraten Händen und entdeckte Schumanns Musik in ihrer ganzen beunruhigenden Dämonie. So spielte kein Pianist, sondern ein Universalmusiker. Erstdirigent (!) der „Götterdämmerung“ in Paris, Widmungsträger und Uraufführungspianist Faurés, Gründer einer Musikhochschule, der „École normale“, leidenschaftlicher Pädagoge, Herausgeber und Autor. Wahrlich ein großer Geist, der seine Pianistennachfolger bis heute geradezu bannt – man wundert sich, wie oft er in Gesprächen unter Musikern beschworen wird. Wer sich durch diese Truhe arbeitet, wird es irgendwann verstehen. Matthias Kornemann
Viele Pianisten sind es nicht, die sich bisher an eine Gesamtaufnahme des Solo-Klavierwerks von Robert Schumann gemacht haben. Genauer gesagt, gerade einmal drei. Jörg Demus nahm die Herausforderung in den 70er Jahren als Erster an, seine Interpretation blieb lange die einzige. Unmittelbar nach der Jahrtausendwende dann begann Franz Vorraber mit einer Einspielung, und gerade als er seinen Schumann im Kasten hatte, startete Eric Le Sage zur dritten Gesamtumschau. Schon von den ersten Folgen an zeichnete sich ab, dass er in dieser Trias die Nase vorne haben würde. Als das Endergebnis zum Schumann-Jahr 2010 vorlag, wurde es zu Recht gleich mit einem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Le Sage liegt das Unstete, Sprunghafte der Schumannschen Musiksprache ebenso wie das Innige und Kantable, er verbindet leidenschaftliche Sinnlichkeit mit geistiger Durchdringung, vereint und versöhnt also Florestan und Eusebius miteinander. Bisher war diese rundum überzeugende Leistung nur auf Einzel-CDs erhältlich, was die Anschaffung recht kostspielig gestaltete. Jetzt hat man die 13 Scheiben in eine Box gesteckt und bietet sie zu einem konkurrenzlosen Preis an. Über die von französischer Schlampigkeit geprägte Aufmachung lässt sich da leicht hinwegsehen, denn günstiger kommt man derzeit nicht an Schumanns Klavierkosmos.
Michael Blümke
Wenn die große Opern-Karriere dem Ende entgegengeht und man dennoch den Bühnenbrettern treu bleiben will, half schon in den 1940er Jahren nur der Fachwechsel. So schnupperte der legendäre Bass Ezio Pinza 1949 statt METerstmals Broadway-Luft. Und auf Anhieb war er im Musical „South Pacific“ nicht nur mit den säuselnden Geigen auf Du und Du. Mit seinem verführerischen Melos machte er aus dem Song „Some Enchanted Evening“ einen Welthit. Auch diese Aufnahme der Uraufführungsproduktion findet sich nun in einer prachtvoll aufgemachten Box, die erstmals sämtliche Musicals vom Dreamteam Richard Rodgers (Komponist) und Oscar Hammerstein II (Texte) vereint. Insgesamt elf waren ihnen gemeinsam von 1943 („Oklahoma“) bis 1959 („The Sound Of Music“) aus den Federn gesprudelt. Und jedes entpuppte sich mit seiner Mischung aus Gospel, Jazz und Klassik sofort als Volltreffer und Dauerbrenner. So ging allein die erste „Oklahoma“-Staffel bis 1948 über 2000 Mal nonstop über die Bühne. Die meisten ihrer Erfolge wurden glücklicherweise auch kurz nach ihrer Premiere gleich im Aufnahmestudio oder nach TV-Übertragungen eingespielt. So schlüpfte 1956 Julie Andrews in die Rolle der „Cinderella“. Und 1977 übernahm in „The King and I“ Yul Brunner, die berühmteste Glatze der Filmgeschichte, die Rolle des furchterregenden Siam-Königs. Doch ob historisch oder jüngeren Datums – bei dieser Gesamtschau begegnen einem all die Evergreens wieder, mit denen Rodgers & Hammerstein sich in die Hall of Fame eingeschrieben haben. Sei es nun „Oh, What A Beautiful Mornin’“ oder das von unzähligen Jazz-Generationen nachgespielte „My Favorite Things”.
Guido Fischer
30.11.1999, RONDO Ausgabe 6 / 2012
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