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Rudolf Lutz (c) Jelena Gernert
Seit 2006 geben sich in St. Gallen und an einigen reizvollen Orten des nahegelegenen Appenzeller Landes die Stars des Bach-Gesangs die Klinke in die Hand: Joanne Lunn, Margot Oitzinger, Daniel Johannsen, Charles Daniels und Peter Harvey gehören zu den regelmäßigen Besuchern jener Stadt (und ihrem Umland) in der Ostschweiz, die im Blick auf ihre Kathedrale und die große gregorianische Tradition des ehemaligen Klosters seit jeher ein musikalisch überaus geschichtsträchtiger Ort ist, bis vor einiger Zeit aber nicht unbedingt über ein Konzertleben von internationalem Rang verfügte.
Maßgeblich verbessert hat sich dies durch das Engagement der 1999 gegründeten J. S. Bach-Stiftung, die für die seit 2006 regelmäßig stattfindenden Aufführungen Bachscher Vokalwerke verantwortlich zeichnet. Selbstgestecktes Ziel ist es, in einem Zeitraum von etwa 25 Jahren das gesamte Vokalwerk Johann Sebastian Bachs auf hohem Niveau aufzuführen und die Aufführungen zudem auf Bild- und Tonträgern verfügbar zu machen, deren Inhalt über die Website der Stiftung auch per Streaming direkt verfügbar ist. Die oben exemplarisch genannten Sängerinnen und Sänger werden begleitet von einem handverlesenen Ensemble hervorragender, historisierend spielender Instrumentalisten; hinzu kommt ein Chor aus professionellen Gesangskräften.
Musikalisch gesehen ist Rudolf Lutz die Seele des Projekts, ein Organist, Cembalist, Dirigent und Komponist, der u. a. an der Schola Cantorum Basiliensis Improvisation für Tasteninstrumente unterrichtet hat. Seine besondere Fähigkeit, nicht nur nachschöpfend, sondern auch kreativ in die Wunderwelt der musikalischen Strukturen eintauchen zu können, ist einer der Gründe für seine tiefe Verbundenheit mit der Musik von Bach. Für deren Entstehen spielte ja gleichfalls das improvisatorische Element sowie im weiteren Sinne die umfassende geistige Vorausleistung vor der Niederschrift eine bedeutende Rolle.
Nun gibt es auf Tonträger mit Koopmans, Gardiners und Suzukis Zyklen schon zum Abschluss gelangte andere Projekte dieser Art, die sich ebenfalls durch ein beachtliches künstlerisches Niveau auszeichnen und für die Produktionen der J. S. Bach-Stiftung eine Konkurrenz darstellen. Allerdings punktet die J. S. Bach-Stiftung bei ihren Kantaten-Konzerten noch mit einer Besonderheit, die die anderen Ensembles nicht bieten konnten: In jedem der einmal pro Monat stattfindenden Konzerte wird stets nur eine einzige Kantate aufgeführt; voraus geht jeweils eine musikalisch-theologische Einführungsveranstaltung, die Rudolf Lutz selbst bisher gemeinsam mit dem Theologen Karl Graf gestaltete (Graf hat pensionsbedingt inzwischen den theologischen Teil an einen Nachfolger weitergegeben). Nach der Kantaten- Aufführung erlebt das Publikum eine Betrachtung der jeweiligen Kantate in Form eines Vortrags („Reflexion“) von wechselnden bekannten Persönlichkeiten des Geisteslebens, wonach dieselbe Kantate noch einmal gespielt wird. Die DVD-Produktionen der Stiftung enthalten dieses „Gesamtpaket“ aus Einführung, Aufführung und Reflexion und spiegeln somit das reale Konzerterlebnis besonders authentisch wider. Ziel dieser aufwändigen Vorgehensweise ist es, die geistliche Musik Bachs samt ihrer textlichen Basis in die Lebenswelt der Jetzt-Zeit einzuordnen und ihren pastoralen Wert für die Menschen der Gegenwart erlebbar werden zu lassen.
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www.bachstiftung.ch
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