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Als „chilenischer Mozart“ begann der extrem Frühbegabte seine Karriere. Da war Claudio Arrau noch nicht mal zehn Jahre jung. Und als er dann nach Berlin ging, wurde er von seinem Lehrer, dem Ex-Liszt-Schüler Martin Krause, als neuer Liszt gehandelt. Das alles spielte sich noch im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ab. Doch aus dem Wunderkind Arrau wurde eben kein bravouröser Oktavendrescher, sondern durch und durch ein „Anwalt der Musik“. Wie man am Repertoire der gesammelten Philips-Aufnahmen ablesen kann, die Arrau zwischen 1952 und seinem Todesjahr 1991 machte, blieben Bach, Mozart, Beethoven, Chopin, Schumann und Brahms seine bevorzugten Hausgötter (auch wenn, wie Jeremy Hayes in seinem lesenswerten Booklettext jetzt verrät, Arrau irgendwann einmal auch Stücke von Stockhausen einstudieren wollte!). Einer durchweg klassischen Musizierhaltung begegnet man also nun in sämtlichen Klaviersonaten, ausgewählten Violinsonaten (mit Arthur Grumiaux) und den fünf Klavierkonzerten von Beethoven. Gerade der romantische Werkkanon kommt ohne überbordende Sentimentalität und Bedeutungsschwere daher – wobei Arrau hier und da, wie etwa bei Schumanns „Noveletten“, das Fantastisch-Bizarre dann doch gegen allzu nüchterne Betrachtung eintauscht. In den letzten Jahren sollte ihm nicht nur Debussy wieder ans Herz wachsen und zu vielfarbigen Ausdruckswelten herausfordern, er fand nach einem halben Jahrhundert auch erneut zu Bach zurück. Und zwar zu den Partiten, von denen Arrau bis auf die Nummern 4 & 6 noch alle einspielen konnte. Wer zeitlos großes Klavierspiel erleben will, kommt an diesen Aufnahmen wohl kaum vorbei.
Guido Fischer, 14.04.2018, RONDO Ausgabe 2 / 2018
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